Deutschland
[DE] Neues deutsches Filmförderungsgesetz seit 1. Januar 2022 in Kraft
IRIS 2022-3:1/22
Christina Etteldorf
Institut für Europäisches Medienrecht
Am 1. Januar 2022 ist in Deutschland ein neues Filmförderungsgesetz (FFG) in Kraft getreten. Es führt die Regelungen des FFG von 2017 fort, dessen Geltungsdauer auf die Jahre 2017 bis 2021 beschränkt war, und nimmt einige Anpassungen vor, um auf geänderte Umgebungsbedingungen zu reagieren. Als Fortführungsgesetz, das dem deutschen Ansatz einer turnusmäßigen Ausgestaltung der Filmförderung Rechnung trägt, finden sich nur geringe Änderungen im Vergleich zum FFG 2017. Das neue FFG 2022 gilt bis zum 31. Dezember 2023
Zunächst wird der Aufgabenbereich der Filmförderungsanstalt (FFA) erweitert. Diese wird zusätzlich zu ihren bisherigen Aufgaben nun auch damit betraut, darauf hinzuwirken, dass in der Filmwirtschaft eingesetztes Personal nicht mehr nur zu sozialverträglichen, sondern zusätzlich auch zu fairen Bedingungen beschäftigt wird. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben wirkt sie nicht mehr allein auf die Belange der Geschlechtergerechtigkeit hin, sondern zusätzlich auch auf die Belange der Menschen mit Behinderung und der Diversität (§ 2 FFG 2022). Entsprechend sind auch in Zukunft die Mitglieder ihres Präsidiums so zu wählen, dass eine geschlechtergerechte Besetzung gewährleistet und der Vorstand oder eine seiner Stellvertretungen eine Frau ist (§§ 12 und 15 FFG 2022). Außerdem wird der Verwaltungsrat der FFA ermächtigt, durch Richtlinien von den Regelungen über die Sperrfristen zur Zweit- und Weiterverwertung von geförderten Filmen (§§ 53 bis 55 FFG 2022) abzuweichen.
Neue Regelungen, die auch als Reaktionen auf die Pandemie zu sehen sind, gibt es – neben der ausdrücklichen Ermöglichung von Beschlüssen auch über Videokonferenzen – im Bereich der Regeln zu Auswirkungen höherer Gewalt. Der Vorstand kann in Zukunft in Fällen höherer Gewalt bei bereits bewilligten Vorhaben im Einzelfall Ausnahmen von bestimmten Fördervoraussetzungen und von einzelnen Auszahlungsvoraussetzungen zulassen, wobei dies der Zustimmung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien bedarf (§ 17 FFG 2022). Zudem kann in solchen Fällen die reguläre Erstaufführung bzw. die Fortsetzung einer begonnenen Kinoauswertung durch eine Auswertung auf entgeltlichen Videoabrufdiensten ersetzt werden, wenn die Auswertung des Films im Kino für eine nicht unerhebliche Dauer nicht bundesweit möglich ist. An der Auswertung auf entgeltlichen Videoabrufdiensten muss die Kinowirtschaft bis zum Ablauf der regelmäßigen Sperrfrist maßgeblich beteiligt werden (§ 55b FFG 2022). Die Kinoreferenzförderung kann für die Aufrechterhaltung des Kinobetriebs sowie für weitere unternehmenserhaltende Maßnahmen verwendet werden, wenn der Kinobetrieb aufgrund höherer Gewalt in einer wirtschaftlichen Notlage ist bzw. eine solche unmittelbar droht (§ 143 FFG 2022). Schließlich kann der Verwaltungsrat der FFA in besonderen Ausnahmesituationen eine Umwidmung von Fördermitteln vornehmen, wenn dies zur Abwendung oder Minderung von Schäden für die Struktur der deutschen Filmwirtschaft aufgrund höherer Gewalt geboten erscheint.
Zudem werden weitere Belange des Umweltschutzes im FFG 2022 aufgenommen: Bei der Projektfilmförderung bzw. Referenzfilmförderung werden Förderhilfen zukünftig nur gewährt, wenn bei der Herstellung des Films wirksame Maßnahmen zur Förderung der ökologischen Nachhaltigkeit getroffen werden, wobei Einzelheiten in einer Richtlinie der FFA zu regeln sind (§ 59a FFG 2022). Außerdem muss der Hersteller den durch die Produktion des Films verursachten Ausstoß von Treibhausgasen mittels eines CO2-Rechners nachweisen (§ 67 FFG 2022).
Anpassungen gibt es auch im Bereich von Werbemaßnahmen in der Kinoreferenzförderung (§ 143 FFG 2022) und bei der Höhe der Filmabgabe im Bezahlfernsehen und der Programmvermarktung (§§ 156 und 156a FFG 2022). Förderhilfen für Werbemaßnahmen werden in Zukunft nicht mehr (wie bislang) nur für Filme aus EU-Mitgliedstaaten, Staaten des EWR oder aus der Schweiz, sondern ohne geographische Begrenzung ermöglicht. Die Filmabgabe der Veranstalter von Bezahlfernsehen steigt von 0,25 Prozent auf 0,45 Prozent der Nettoumsätze mit Abonnementverträgen. Während die Filmabgabe für Programmvermarkter in Deutschland, die audiovisuelle Inhalte gegen pauschales Entgelt vermarkten, zwar in eine gesonderte Vorschrift überführt wird, aber unverändert bleibt, wird die Abgabe für Programmvermarkter mit einem Kinofilmanteil von mindestens 90 Prozent auf 2,5 Prozent der Nettoumsätze mit Abonnementverträgen angehoben.
Schließlich wird der Begriff „gleichgestellter Staat“ aufgenommen. Nach § 40 FFG 2022 ist das ein Drittstaat, für den sich hinsichtlich der Filmförderung nach dem Recht der Europäischen Union eine Gleichstellung mit einem Mitgliedstaat ergibt. Daran, dass etwa auch die Schweiz als nicht EU-Mitgliedstaat wie bereits bislang von der deutschen Filmförderung profitieren kann, ändert sich durch die neue Begrifflichkeit nichts. Allerdings eröffnet diese Änderung auch dem aus der EU ausgeschiedenen Vereinigten Königreich die Möglichkeit der Gleichstellung mit einem Mitgliedstaat der EU bei Abschluss eines vergleichbaren Abkommens.
Referenzen
- Filmförderungsgesetz 2022
- https://www.ffa.de/aid=1394.html?newsdetail=20211222-1351_filmfoerderungsgesetz-20221
Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.