Spanien

[ES] Spanien verstärkt den Schutz von Minderjährigen im Internet und in den Social Media

IRIS 2024-2:1/30

Azahara Cañedo & Marta Rodriguez Castro

Alarmiert durch die Zunahme des unkontrollierten Zugangs von Kindern und Jugendlichen zu so genannten "Erwachseneninhalten" (d.h., zu Porno- und Gewaltvideos) im Internet hat die spanische Regierung beschlossen, den Schutz Minderjähriger im Netz durch eine Reihe rechtlicher und praktischer Maßnahmen zu stärken. Die erste dieser Maßnahmen ist die Einführung eines Altersüberprüfungssystems durch die spanische Datenschutzbehörde (Agencia Española de Protección de Datos – AEPD) im Dezember 2023. Mit diesem System lässt sich das Alter der Nutzer überprüfen und sicherstellen, dass auch tatsächlich nur Erwachsene auf "Erwachseneninhalte" zugreifen können. Damit kommt die spanische Regierung einer wichtigen Forderung des Allgemeinen Gesetzes über die audiovisuelle Kommunikation von 2022 nach (spanisches Gesetz 13(2022), das Videoplattformen verpflichtet, Altersnachweissysteme für den Zugang zu jugendgefährdenden Inhalten im Netz einzuführen. Parallel zu der Einführung des Altersverifikationssystems hat die spanische Regierung einen "Dekalog" verabschiedet, der die Prinzipien enthält, die ein solches Altersnachweissystem erfüllen muss: a) das System muss sicherstellen, dass anhand der Browserdaten kein Nutzerprofil erstellt werden kann; b) die elterliche Autorität darf nicht untergraben werden; c) das Grundrecht jedes Menschen auf Zugang zum Internet muss gewahrt bleiben. Zu diesem Zweck soll das System auf Empfehlung der AEPD einen präzisen Governance-Rahmen erhalten.

Mit der Vorstellung dieses Systems hat die AEPD gezeigt, dass es technisch möglich ist, das Alter des Nutzers auf dem Gerät zu überprüfen, ohne dass die betreffenden Websites etwas über die Identität oder den Status des Minderjährigen erfahren. Die spanischen Behörden haben damit ein Pioniersystem in Europa eingeführt, das den Schutz von Kindern und Jugendlichen garantiert und gleichzeitig das Grundrecht aller Bürger auf Datenschutz gewährleistet. Die Überprüfung erfolgt in zwei Schritten. Der Nutzer muss eine Altersverifizierungsapp auf seinem Gerät installiert haben, die standardmäßig Erwachseneninhalte herausfiltert. Die App entscheidet, ob der Nutzer "zugangsberechtigt" ist oder nicht. Zweitens braucht der Nutzer für die Altersüberprüfung einen QR-Code, der von einer amtlichen Stelle des Staates für die digitale Zertifizierung von Bürgern bereitgestellt wird, in Spanien von der nationalen Münzprägeanstalt und Banknotendruckerei (Fábrica Nacional de Moneda y Timbre FNMT ). Mit diesem QR-Code kann der Nutzer der Verifizierungsapp nachweisen, dass er/sie alt genug ist, um Zugang zu Erwachseneninhalten zu erhalten. Ein wichtiger Aspekt ist, dass der gesamte Überprüfungsprozess durchgeführt wird, ohne das Gerät des Nutzers zu verlassen oder auf externe Ressourcen zuzugreifen.

Eine weitere Maßnahme für eine Verschärfung des Jugendschutzes im Netz ist die öffentliche Konsultation über die Wirksamkeit der Altersverifizierungssysteme, die von Videoplattformen in Spanien eingesetzt werden, um den Zugang von Kindern und Jugendlichen zu Porno- und Gewaltvideos zu verhindern. Diese Konsultation wurde am 9. Januar 2024 von der Nationalen Markt- und Wettbewerbskommission (Comisión Nacional de los Mercados y la Competencia CNMC) gestartet. Diese Maßnahme steht im Einklang mit den Zielen des "Staatspakts", den die spanische Regierung zum Schutz von Minderjährigen im Internet und in den Social Media vorgeschlagen hat und der von sechs spanischen Organisationen der Zivilgesellschaft im Juni 2023 unterzeichnet wurde ( – Asociación Europea para la Transición Digital (AETD), Save The Children, Fundación ANAR, iCMedia, Dale Una Vuelta, UNICEF ), mit institutioneller Unterstützung der AEPD. Dieser Pakt wird am 13. Februar 2024 dem spanischen Parlament vorgelegt werden. Er soll auf die negativen Auswirkungen hinweisen, die eine unkontrollierte Nutzung des Internets und von Social Media auf Minderjährige haben kann, nicht nur, weil sie sich noch in der Entwicklung befinden, sondern auch, weil diese Online-Produkte für Erwachsene entwickelt wurden. Der Pakt schlägt 15 Konsensaktionen vor, die dazu beitragen sollen, die Öffentlichkeit stärker für das Problem zu sensibilisieren, Kinder und Jugendliche zu verantwortungsbewussten digitalen Bürgern zu erziehen und eine affektive sexuelle Erziehung sicherzustellen. Außerdem soll an die Verantwortung aller Beteiligten appelliert werden, vor allem auch der Videobranche. Das Dokument wendet sich gegen die Kommerzialisierung der Daten Minderjähriger im Internet, gegen die Verwendung undurchsichtiger Algorithmen und gegen die Erstellung von Nutzerprofilen mit dem Ziel, die Daten für Werbezwecke zu verkaufen.

Vor wenigen Tagen hat Ministerpräsident Pedro Sánchez in einem Interview mit der größten spanischen Tageszeitung El Pais angekündigt, dass die spanische Regierung eine nationale Vereinbarung zum Schutz Minderjähriger im Internet schließen wolle. Der Plan der Regierung basiert auf drei Grundprinzipien: 1) Verabschiedung eines konkreten Gesetzes zum Schutz Minderjähriger vor Gewalt- und Pornovideos im Netz; 2) Entwicklung einer "multidisziplinären Strategie" in den Bereichen Erziehung, digitale Kompetenzen und Gleichberechtigung; und 3) Einführung von Altersverifikationssystemen, um Minderjährige vor pornographischen Inhalten im Netz zu schützen.


Referenzen

  • Proposal for a state pact to protect minors on the Internet and on social media
  • Vorschlag für einen staatlichen Pakt zum Schutz Minderjähriger im Internet und Social Media

  • Press release – AEPD announces an age verification system to protect minors from accessing adult content on the Internet
  • Pressemitteilung - AEPD kündigt ein System für die Überprüfung des Alters an, um zu verhindern, dass Minderjährige Zugang zu Erwachseneninhalten im Internet haben

  • Decalogue of principles. Age verification and protection of minors from inappropriate content
  • Grundsatzdekalog für die Altersverifikation und den Schutz von Minderjährigen vor Inhalten, die für sie ungeeignet sind

  • Press release – The CNMC supports the proposed state pact for the protection of minors on the Internet and on social media
  • Presseerklärung - die Wettbewerbsbehörde unterstützt den vorgeschlagenen Pakt für den Schutz von Minderjährigen im Internet und in den Social Media

  • General Law 13/2022 of 7 July on Audiovisual Communication
  • Allgemeines Gesetz 13/2022 vom 7. Juli über die audiovisuelle Kommunikation

Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.