Dänemark

[DK] Mögliche Übernahme des dänischen Modells einer erweiterten kollektiven Lizenz für Text- und Data Mining

IRIS 2023-8:1/30

Terese Foged

Kanzlei Lassen Ricard

Im Frühjahr dieses Jahres stand die dänische Regierung unter erheblichem Zeitdruck. Die Umsetzung der EU-Richtlinie von 2019 über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte (die "DSM"-Richtlinie) war überfällig. Die Frist für die Umsetzung war bereits im Juni 2021 abgelaufen, und jeder weitere Tag Verspätung kostete Dänemark zusätzliche Strafzahlungen. Am 10. März 2023 sandte die dänische Regierung den Vertretern der Branche einen Gesetzentwurf, zu dem sie bis spätestens 11. April Stellung nehmen sollten. Am 3. Mai legte das Kabinett dem Parlament einen überarbeiteten Entwurf zur Änderung des dänischen Urheberrechtsgesetzes vor, das am 1. Juli 2023 in Kraft treten sollte. Am 30. Mai folgte ein weiterer geänderter Entwurf, diesmal mit einem vorgezogenen Datum für das Inkrafttreten des Gesetzes, und zwar auf den Tag, an dem das Gesetz im dänischen Amtsblatt veröffentlicht wurde. Am 1. Juni konnte das geänderte Urheberrechtsgesetz schließlich vom Parlament verabschiedet werden.

In einer Pressemitteilung vom 1. Juni über die neuen Urheberrechtsbestimmungen erklärte der Kulturminister, dass die neuen Vorschriften unter anderem die Verhandlungsposition der Rechteinhaber stärken sollten. Ziel war mehr Transparenz und eine ausgewogenere Vertragssituation zwischen Rechteinhabern und Käufern von Nutzungsrechten. Außerdem sollte das dänische Modell einer erweiterten kollektiven Lizenzvergabe in dem Gesetz verankert werden.

Die dänische Regierung war sich zwar der Bedeutung von Vereinbarungen über die Verwertung von Urheberrechten bewusst. Aber die neuen Bestimmungen über Text- und Data Mining in den Artikeln 11b und 11c des dänischen Urheberrechtsgesetzes sind in der Formulierung im Wesentlichen identisch mit den Bestimmungen in Artikel 3 und 4 der DSM-Richtlinie (mit Artikel 11c des dänischen Gesetzes wird Artikel 3 der EU-Richtlinie und mit Artikel 11b Artikel 4 umgesetzt). Bestimmungen über eine erweiterte kollektive Lizenzvergabe im Zusammenhang mit Text- und Data Mining sind in dem neuen dänischen Urheberrechtsgesetz nicht einhalten.

Für die Übernahme des dänischen Lizenzmodells hatten sich vor allem die Vertreter von Rechteinhabern eingesetzt. Sie hatten mit mehreren Initiativen versucht, die Regierung von einer entsprechenden Gesetzesänderung zu überzeugen. Am 15. Mai hatten sie den Kulturminister um eine Anhörung gebeten und ihrem Schreiben einen konkreten Vorschlag für die Übernahme einer erweiterten kollektiven Lizenzvergabe für Vervielfältigungen und Entnahmen im Zusammenhang mit Text- und Data Mining beigefügt, der über die Artikel 11b und 11c des neuen Urheberrechtsgesetzes hinaus geht, und am 28. Mai 2023 lieferten sie der Regierung ein Gutachten der Urheberrechtsexpertin Prof. Elenora Rosati über die Wechselwirkungen zwischen Artikel 5 der DSM-Richtlinie und den Rechten von Presseverlagen in Artikel 15.

Sowohl Artikel 4 DSM-Richtlinie als auch Artikel 11b des dänischen Urheberrechtsgesetzes gestehen Rechteinhabern die Möglichkeit zu, Beschränkungen ihres Urheberrechts zu verhindern. Daher könnte eine erweiterte kollektive Lizenz für Text- und Data Mining auch dann greifen, wenn Rechteinhaber ausdrücklich "in angemessener Weise" die Nutzung ihrer Werke für Text- und Data Mining mit einem Nutzungsvorbehalt versehen haben, wie in Artikel 4 der EU-Richtlinie und Artikel 11b des dänischen Urheberrechtsgesetzes vorgesehen.

Zuvor hatten die Vertreter von Rechteinhabern in Verbindung mit der Anhörung im März lediglich darauf hingewiesen, dass in jüngster Zeit die künstliche Intelligenz (KI) bei der Nutzung von Werken auf dem Vormarsch sei und dass die Bestimmungen über Text- und Data Mining daher sehr wichtig seien. Das Kulturministerium hatte allerdings in seiner Stellungnahme zu der Anhörung vom 14. März lediglich darauf hingewiesen, dass Artikel 3 und 4 der DSM-Richtlinie keine Hinweise auf künstliche Intelligenz enthalten.

Der Zeitdruck, unter dem die dänische Regierung im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie stand, und der Wunsch der Rechteinhaber nach Durchsetzung einer erweiterten kollektiven LIzenzvergabe für Text- und Data Mining könnten eine Erklärung dafür sein, warum der Kulturminister es für notwendig hielt, sich am 28. Mai schriftlich an den Kulturausschuss des Parlaments zu wenden. Der Minister informierte die Abgeordneten über die Absicht der Regierung, direkt nach der Umsetzung der Richtlinie einen Vorschlag für eine erweiterte kollektive Lizenz für Text- und Data Mining vorzulegen. Im Spätherbst 2023 könnte dann eine Konsultation für einen entsprechenden Gesetzentwurf beginnen. Im Februar 2024 könnte wahrscheinlch dem Parlament ein entsprechender Gesetzesvorschlag vorgelegt werden. Die neuen Bestimmungen könnten zum 1. Juni 2024 in Kraft treten.

Ob Dänemark tatsächlich Bestimmungen für eine erweiterte kollektive Lizenz im Bereich Text- und Data Mining einführen wird, die über die Artikel 3 und 4 der DSM-Richtline hinaus gehen, ist eine interessante Frage. Ebenso wie die Frage, ob diese Bestimmungen auch für die Fälle gelten, in denen Rechteinhaber ausdrücklich einen Nutzungsvorbehalt für Text- und Data Mining vorgesehen haben. Auf diese Weise soll der Weg frei werden für Vereinbarungen zwischen Rechteinhabern und Nutzern. Es spricht vieles dafür, dass es tatsächlich so kommt.

Bleibt abzuwarten, wie die Lösung im Einzelnen aussehen wird und nicht zuletzt, welche Auswirkungen eine solche erweiterte kollektive Lizenzvergabe haben wird.

 

 

 


Referenzen



  • Brev fra Kulturministeriet til Folketingets Kulturudvalg med indikationer på kommende ændringer i ophavsretsloven
  • https://www.ft.dk/samling/20222/lovforslag/L125/bilag/8/2712861.pdf
  • Schreiben des Kulturministeriums an den Kulturausschuss des dänischen Parlaments mit Informationen über bevorstehende Änderungen des Urheberrechtsgesetzes



Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.