Vereinigtes Königreich
[GB] Britische Regierung veröffentlicht Weißbuch zur künftigen Regulierung Künstlicher Intelligenz
IRIS 2023-6:1/14
Julian Wilkins
Wordley Partnership
Das britische Ministerium für Wissenschaft, Innovation und Technologie veröffentlichte am 29. März 2023 ein Weißbuch mit dem Titel „AI Regulation: A Pro-Innovation Approach“ (Ein innovationsfreundlicher Ansatz zur KI-Regulierung) (Weißbuch), in dem die Vorschläge der britischen Regierung zur Regulierung Künstlicher Intelligenz (KI) dargelegt werden. Der vorgeschlagene Rechtsrahmen verfolgt einen verhältnismäßigen, vertrauenswürdigen, anpassbaren und klaren Ansatz.
Das Weißbuch skizziert fünf klare Grundsätze, die Regulierungsbehörden wie Ofcom und die Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde berücksichtigen sollten, um die sichere und innovative Nutzung von KI in den von ihnen überwachten Sektoren möglichst zu erleichtern. Die fünf Grundsätze, die Regulierungsbehörden in ihrem Umgang mit KI-Risiken leiten sollen, sind Sicherheit, Schutz und Robustheit; angemessene Transparenz und Erklärbarkeit; Fairness; Rechenschaftspflicht und Governance sowie Anfechtbarkeit und Rechtsmittel.
Im Weißbuch wird eingeräumt, dass Erklärbarkeit aus technischer Sicht sehr schwer zu erreichen sein kann und auch, dass Transparenz und Erklärbarkeit keine absoluten Anforderungen sind, sondern bei der Risikobetrachtung im richtigen Verhältnis stehen sollten.
In Bezug auf Anfechtbarkeit und Rechtsmittel sollte es laut Weißbuch möglich sein, durch KI generierte nachteilige Entscheidungen oder Ergebnisse anzufechten. Es sieht jedoch keine neuen Rechtsansprüche oder neue Rechtsbehelfsmöglichkeiten vor.
Das Weißbuch zielt darauf ab, übermäßig präskriptive oder einschränkende Regulierung zu vermeiden, um sicherzustellen, dass Innovationen nicht abgewürgt werden.
Die Regierung vertritt die Ansicht, dass die Regulierungsbehörden ihr Wissen und ihre Erfahrung nutzen sollten, um die Regelungen so anzupassen, dass sie den spezifischen Bedürfnissen und dem Kontext von KI in ihrem jeweiligen Sektor gerecht werden.
Im Weißbuch wird vorgeschlagen, jegliche KI-Regulierung zu evaluieren, um etwaige Probleme aufzuzeigen und sicherzustellen, dass die Grundsätze wirksam angewandt werden. Die Regierung hat nicht die Absicht, zum jetzigen Zeitpunkt spezifische Rechtsvorschriften zu erlassen.
Der Rechtsrahmen sollte drei Parameter erfüllen: Er sollte erstens zur Förderung von Wachstum und Wohlstand einschließlich der Förderung von Investitionen und der Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen. Zweitens sollte das Vertrauen der Öffentlichkeit in KI gestärkt und insbesondere sichergestellt werden, dass der Rechtsrahmen auf die Risiken eingeht, die sich aus der Nutzung Künstlicher Intelligenz ergeben. Drittens sollte der Rechtsrahmen helfen, die Position des Vereinigten Königreichs als weltweit führendes Land im Bereich KI zu stärken, indem es in der Lage ist, internationale Governance und Regulierung von KI mitzugestalten, Interoperabilität zu fördern und grenzüberschreitende Risiken zu verringern sowie demokratische Werte zu schützen.
Im Weißbuch werden zentrale Regulierungsbehörden angehalten, in den nächsten zwölf Monaten weitere Leitlinien und Materialien zu veröffentlichen, wie sie die fünf Grundsätze umzusetzen gedenken und wie die Grundsätze in ihren jeweiligen Sektoren anzuwenden sind.
Laut Weißbuch können trotz der Bemühungen der Regulierungsbehörden zu gegebener Zeit verschiedene Differenzen auftreten und möglicherweise Rechtsvorschriften erforderlich werden, um eine einheitliche Anwendung der Grundsätze zu gewährleisten.
Darüber hinaus enthält das Weißbuch keine Definition von KI, wie dies in einigen britischen Rechtsvorschriften wie zum Beispiel im National Security and Investment Act von 2001 der Fall ist. Stattdessen werden KI-Tools, die der Regulierung unterliegen, anhand ihrer Adaptivität und Eigenständigkeit bestimmt.
Im Weißbuch wird ein mit GBP 2 Mio. ausgestatteter „Sandkastenfonds“ vorgeschlagen, um eine sichere Testumgebung zu schaffen, in der Unternehmen testen können, wie Regulierung auf KI-Produkte und -Dienstleistungen angewandt werden könnte, und um Innovatoren dabei zu unterstützen, neue Ideen auf den Markt zu bringen, ohne dass unangemessene Regulierung Innovation ausbremst.
Im Weißbuch werden keine Rechtsvorschriften zur Haftungszuweisung für KI vorgeschlagen. Es wird auf die Komplexität der KI-Lieferkette verwiesen und eingeräumt, dass der derzeitige Rechtsrahmen in Verbindung mit der Umsetzung der hohen KI-Grundsätze dazu führen kann, dass die rechtliche Verantwortung für ein KI-Tool auf eine Weise zugewiesen wird, die weder fair noch effektiv ist. Vorerst hat die britische Regierung jedoch keine Regulierungsabsichten für diesen Bereich. Dies steht im Gegensatz zur EU, wo die vorgeschlagene Richtlinie über KI-Haftung die Wahrnehmung privater Klagerechte erleichtern soll.
Die Regulierung von KI bleibt in der Zuständigkeit der britischen Regierung, es ist jedoch geplant, zu gegebener Zeit eine unabhängige Regulierungsbehörde einzurichten.
Die britische Regierung hat eine öffentliche Konsultation zu ihren Vorschlägen zur KI-Regulierung eingeleitet, um einen verhältnismäßigen, zukunftssicheren und innovationsfreundlichen Rahmen zu schaffen. Die Konsultation zum Weißbuch endet am 21. Juni 2023.
Referenzen
- A pro-innovation approach to AI regulation, Command Paper Number: 815
- https://www.gov.uk/government/publications/ai-regulation-a-pro-innovation-approach
- Ein innovationsfreundlicher Ansatz zur KI-Regulierung, Command Paper Nummer: 815
- Artificial intelligence liability directive
- https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?uri=CELEX:52022PC0496
- Richtlinie über KI-Haftung
- https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:52022PC0496
Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.