Polen

[PL] KI als „Schöpfer“ im polnischen Rechtsrahmen

IRIS 2023-5:1/8

Kamil Rzeczkowski

Anwaltskanzlei Czyżewscy

Die Entwicklung der künstlichen Intelligenz (insbesondere die kürzlich erschienene vierte Version des beliebten ChatGPT) wirft immer mehr Fragen im Zusammenhang mit dem Urheberrechtsschutz von „Werken“ auf, für deren Schaffung KI verantwortlich ist oder zu deren Schaffung sie einen wesentlichen Beitrag geleistet hat.

Im Zusammenhang mit dem nahezu offenen Zugang zu Generatoren von Bildern, Animationen, Texten und manchmal auch Musik ergibt sich eine Reihe von Fragen. Eine davon drängt sich dabei in den Vordergrund: Kann KI aus Sicht der polnischen Rechtsvorschriften als Schöpfer oder Mitschöpfer angesehen werden?

Nach polnischem Recht gilt als „Werk“ jede Manifestation kreativer Aktivität mit individuellem Charakter beliebiger Form, unabhängig von Wert, Zweck und Ausdrucksweise. Der Urheberrechtsschutz steht dem Schöpfer zu (Art. 1 Ziff. 4 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte). Gemäß Artikel 8 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte kann nur ein Mensch als Schöpfer angesehen werden. Das bedeutet also, dass künstliche Intelligenz nicht als Schöpfer anerkannt wird und dass die Ergebnisse ihrer Arbeit kein Werk darstellen. Unter Berücksichtigung der derzeitigen Regelungen könnte jedoch eine Situation entstehen, in der KI quasi ein „Mitschöpfer" ist und sich im Prinzip wie eine Software verhält, die die kreative Arbeit eines Menschen unterstützt. Bedeutet das, dass der Beitrag der KI zur Schaffung eines Werks dazu führt, dass ihr gesetzliche Rechte und Schutz zukommen?

Am 16. März 2023 veröffentlichte die amerikanische Urheberrechtsbehörde (U.S. Copyright Office - USCO) eine Erklärung zu den Regeln für die Registrierung von Werken, die durch künstliche Intelligenz generierte Elemente enthalten. Die von der USCO aufgeworfene Frage betraf den Einsatz sogenannter generativer KI, die für die Schaffung von Inhalten auf der Grundlage menschlicher Vorgaben/Anweisungen (eines sogenannten Prompts) verantwortlich ist.

Das oben beschriebene Szenario wurde zwar von ausländischen Behörden analysiert, doch sollte der allgemeine Ansatz in Bezug auf KI-Beiträge zum kreativen Prozess auch im polnischen Rechtssystem übernommen werden.

Aus dem Standpunkt der USCO lassen sich folgende Leitlinien in Bezug auf geschaffene oder mitgeschaffene Werke ableiten:

1. Nur das Ergebnis kreativer Arbeit eines Menschen kann als Werk betrachtet werden.

2. Bei der Nutzung generativer Funktionen der KI beschränkt sich das Eingreifen des Menschen im Grunde nur auf die Erstellung allgemeiner Anweisungen dazu, was der Mensch als Ergebnis der „Arbeit“ der KI erhalten möchte. Der Mensch (Urheber) hat keinen Einfluss auf die Auswahl der Mittel und die „kreativen“ Elemente der Tätigkeit der KI, so dass die auf diese Weise geschaffenen Werke keinen Urheberrechtsschutz genießen.

3. Schöpfer haben schon immer Hilfsmittel für ihre Arbeit verwendet (zum Beispiel Gitarreneffekte, die den Klang eines Instruments verändern, Synthesizer oder Grafikprogramme, die von Fotografen für die richtige Bearbeitung und Aufbereitung von Fotos verwendet werden). In diesem Fall hingegen ist die KI nur ein Werkzeug, dessen Funktionsprinzipien ausschließlich von einem Menschen beeinflusst werden. Wenn also ein Mensch die Handlungen der KI direkt beeinflusst oder die generative Arbeit der KI letztlich modifiziert, können die Ergebnisse der genannten Tätigkeiten dem Urheberrechtsschutz unterliegen.

Vor dem Hintergrund der obigen Annahmen kann auch nach polnischem Recht nur eine menschliche Person als Schöpfer angesehen werden. Unter Berücksichtigung zahlreicher Meinungen von Fachleuten sollte der Mensch beim Einsatz von KI in jedem Kontext - von einfacher Prosa bis hin zu vielschichtigen Werken wie einem Film oder einer Fernsehserie - einen entscheidenden Einfluss auf seine Kreation/sein Werk haben (indem er ihm Eigenschaften verleiht, die es kreativ und individuell machen).


Referenzen



Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.