Verordnung über politische Werbung ausgehandelt
IRIS 2023-4:1/28
Andrei Richter
Comenius Universität (Bratislava)
Am 2. Februar 2023 nahm das Europäische Parlament Abänderungen zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung (RPA) an. Der 2021 veröffentlichte Vorschlag der Europäischen Kommission wurde angenommen und der Rat der Europäischen Union einigte sich auf seine allgemeine Ausrichtung für die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament im Dezember 2022. Der vom Europäischen Parlament angenommene Text enthält fast 300 Abänderungen zum ursprünglichen Text. Mit ihrer Annahme wird die RPA die erste EU-Rechtsvorschrift, welche sich direkt mit politischer Werbung befasst, was bisher den Mitgliedstaaten überlassen war.
„Politische Werbung“ wird in mehreren Teilen der RPA definiert und kann zusammengefasst werden als „die Ausarbeitung, Platzierung, Förderung, Veröffentlichung, Anzeige oder Verbreitung einer Botschaft mithilfe eines beliebigen Mittels:
a) durch oder für einen politischen Akteur oder in seinem Namen, es sei denn, sie ist rein privater oder rein kommerzieller Natur, oder
b) die geeignet ist, das Ergebnis einer Wahl oder eines Referendums, ein Abstimmungsverhalten oder einen Rechtsetzungs- oder Regulierungsprozess zu beeinflussen“; oder
c) die geeignet ist, die öffentliche Meinung zu gesellschaftlichen oder kontroversen Belangen auf Unionsebene oder auf nationaler, regionaler, lokaler oder parteipolitischer Ebene zu beeinflussen; oder
d) die politische Ansichten und Meinungen enthält, die von Diensteanbietern zusätzlich gefördert, veröffentlicht oder verbreitet werden."
Somit bezieht sich die RPA auf Äußerungen mit potenziellem Einfluss auf alle möglichen gesellschaftlichen Belange auf allen möglichen Ebenen, die auf die eine oder andere Weise wirtschaftlich unterstützt werden, einschließlich kommerzieller Werbung (wenn sie ein solches Potenzial aufweist - siehe Erwägungsgrund 17b). Aber auch ohne einen solchen möglichen Einfluss fällt jede nicht private und nicht kommerzielle Mitteilung eines politischen Akteurs (eines gewählten Amtsträgers) in diese Kategorie.
„Nationale Behörden, die für die Prüfung oder Beaufsichtigung politischer Akteure zuständig sind,“ sollen sich - einzeln und gemeinsam mit anderen - mit all diesen Fragen befassen und entsprechende Regulierungsmaßnahmen begründen. Dies stellt eine Herausforderung dar, da diese Stellen in der Grauzone persönlicher Posts von Influencern sowie kommerziellen und politischen Posts mit unzureichend offengelegten Unterstützungen Abgrenzungen vornehmen müssen und dabei uneinheitliche Auslegungen durch nationale Gerichte riskieren.
Hauptgegenstände der RPA sind:
- Anbieter politischer Werbedienstleistungen (ein umstrittener Begriff, da er in Erwägungsgrund 4 Online-Vermittlungsdienste einschließt und in Art. 2 Abs. 1 Nr. 5 ausschließt) und
- Herausgeber politischer Werbung (Organisationen, die Werbung über ein beliebiges Medium bereitstellen).
Wenngleich politische Werbung immer noch nicht als Produkt angesehen wird, passt sich die RPA dem Konzept der (monetarisierten) politischen Rede als Dienstleistung an. Der Entwurf konzentriert sich hauptsächlich auf die Online-Verbreitung politischer Werbung, soll aber auch auf das traditionelle Fernsehen angewandt werden (Erwägungsgrund 14a).
Neben Transparenzvorschriften sollten Anbieter politischer Werbedienstleistungen „aufgefordert werden, maßgeschneiderte Strategien und Maßnahmen festzulegen, umzusetzen und zu veröffentlichen, um die Platzierung politischer Werbung in Verbindung mit Desinformation zu verhindern, unter anderem durch die Teilnahme an umfassenderen Initiativen zur Bekämpfung der Geschäftemacherei mit Desinformationen wie dem EU-Verhaltenskodex zur Bekämpfung von Desinformation“ (Erwägungsgrund 4a). So besagt die RPA direkt, dass die Platzierung politischer Werbung, die unwahre Informationen enthält, zu verhindern und zu bekämpfen ist.
Die zentralen neuen Verpflichtungen für Anbieter politischer Werbedienstleistungen und/oder Herausgeber politischer Werbung betreffen:
a) die Veröffentlichung der Erklärung zu politischen Werbedienstleistungen;
b) Speicherung von Informationen (mindestens fünf Jahre lang);
c) Veröffentlichung detaillierter Transparenzbekanntmachungen;
d) Beantwortung von Anfragen nationaler Behörden (in manchen Fällen innerhalb von 48 Stunden);
e) „unverzügliche“ Beantwortung von Anfragen von Interessenten (oder innerhalb eines Monats);
f) Verbot des Einsatzes von Verfahren zum Targeting oder Amplifizieren, es sei denn, es werden ausführliche Einwilligungs- und Transparenzanforderungen umgesetzt.
Politische Online-Werbung ist zukünftig nur denkbar, wenn sich Nutzer bewusst sind, dass sie mit solcher Werbung konfrontiert sind, und vorab einwilligen, sich ihr auszusetzen.
Referenzen
- Amendments adopted by the European Parliament on 2 February 2023 on the proposal for a regulation of the European Parliament and of the Council on the transparency and targeting of political advertising
- https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2023-0027_EN.html
- Abänderungen des Europäischen Parlaments vom 2. Februar 2023 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Transparenz und das Targeting politischer Werbung
- https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2023-0027_DE.html
Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.