Schweiz

[CH] Schweizer Medienkommission spricht sich für Strukturwechsel in der Medienförderung aus

IRIS 2023-3:1/24

Christina Etteldorf

Institut für Europäisches Medienrecht

In ihrem Positionspapier vom 10. Januar 2023 unter dem Titel „Zukunft der Schweizer Medienförderung - Impulse für eine technologieneutrale Unterstützung privater journalistischer Angebote“ spricht sich die Eidgenössische Medienkommission (EMEK) für einen Strukturwechsel in der Schweizer Medienförderung aus. Angesichts der stark veränderten Produktions-, Distributions- und Nutzungsrealitäten in einer digitalen Medienwelt könne für eine zukunftssichere Förderung nicht mehr an der derzeitigen technologie- und gattungsorientierten Medienförderung festgehalten werden. Die EMEK schlägt daher ein technologieneutrales Fördersystem vor, das alle Inhalteangebote unabhängig von ihrer Form gleich behandelt.
Ihre Positionierung begründet sie damit, dass sich eine ausreichende Finanzierung von Journalismus in der Schweiz als Folge der Digitalisierung momentan marktgetrieben nur (noch) teilweise sicherstellen lasse und die Abnahme der journalistischen Leistung und Vielfalt in den letzten 25 Jahren empirisch belegt sei. Ohne journalistische Medien könne die direkte Demokratie in einem föderalen, mehrsprachigen Land wie der Schweiz aber nicht funktionieren. Die derzeitige Förderung privater Medien – etwa durch Postsubventionen für den Zeitungsvertrieb und die Teilhabe privater Rundfunksender am Aufkommen aus der Radio- und Fernsehabgabe – sei nicht geeignet, diese Entwicklung zu überwinden, weil sie an bestimmte Technologien und Mediengattungen bzw. Verbreitungswege gebunden sei. Für ein zukunftssicheres Fördersystem schlägt die EMEK daher ein am Inhalt orientiertes System und drei Bereiche mit verschiedenen Fördermaßnahmen vor. 
Zum einen werden allgemeine Maßnahmen zur Stärkung der Branche vorgeschlagen. Hierzu gehört die Unterstützung der Aus- und Weiterbildung von Medienschaffenden, eine subsidiäre finanzielle Unterstützung der Selbstregulierung durch den Presserat, die Förderung einer Nachrichtenagentur in den drei Landessprachen Deutsch, Französisch und Italienisch als Basisangebot in Form einer an bestimmte Bedingungen (durch die Branche getragen, Sicherstellung redaktioneller Unabhängigkeit, etc.) geknüpften Agenturförderung, die Förderung von Medienforschung und -messung zum Erhalt essentieller Daten, eine dauerhafte Infrastrukturförderung für journalistische Angebote sowie die Einrichtung von Fonds für investigative Recherchen und Reportagen zu Themen von öffentlichem Interesse. Auch regt die EMEK in diesem Zusammenhang die Etablierung von Steuererleichterungen an, die aber als fiskalische Instrumente nicht Gegenstand des Positionspapiers sind. 
Zum anderen schlägt die Medienkommission auch konkrete Maßnahmen zur Unterstützung des Betriebs privater und besonders regionaler journalistischer Angebote vor, die mit einem Systemwechsel des Fördersystems verbunden wären. Befürwortet wird ein technologieneutrales Fördermodell, das sämtliche privaten journalistischen Angebote (Text, Audio, Video), die sich an die breite Öffentlichkeit richten (also keine Fachpublikationen sind), künftig aus einem einheitlichen Fördersystem unterstützt und dabei den geförderten Medien die Wahl ihrer Distributionskanäle überlässt. Der Tatsache, dass unterschiedliche Distributionskanäle mit unterschiedlichen Kosten verbunden sind, könne etwa durch die Übernahme eines einheitlichen Mindestanteils der Betriebskosten begegnet werden. Auch für die Definition von Fördervoraussetzungen legt die EMEK bereits entsprechende Möglichkeiten vor. Diese könnten sich etwa an den vier Kriterien Input (Produktion, zum Beispiel durch die Festlegung von Mindestinvestitionen in die Redaktion), Output (Angebot, zum Beispiel durch die Festlegung eines Mindestanteils an Eigenproduktionen), Outcome (Nutzung, zum Beispiel durch die Festlegung einer Mindestreichweite des Angebotes) und Impact (Wirkung, zum Beispiel durch die Festlegung eines Mindeststandards an Rezipientenimpressionen) orientieren. 
Schließlich spricht sich die EMEK auch für eine Unterstützung von Projekten privater journalistischer Angebote aus. Hierzu würden Anschubfinanzierungen lokaler Medien-Startups und Innovationsförderungen gehören. 
Daneben betont sie aber auch die weiterhin hohe Bedeutung der Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die Notwendigkeit, auch weiterhin die Angebote der SRG SSR finanziell mit ausreichenden Mitteln auszustatten. 
Der vorgeschlagene Systemwechsel bietet nach Ansicht der EMEK auch die Gelegenheit, die Zuständigkeit für die Vergabe der Mittel bei einer von politischen Einflüssen möglichst unabhängigen Stelle wie einer Stiftung, einer staatsfernen Medienregulierungsbehörde oder einem Beirat anzusiedeln. Das sei erforderlich, um die Medienförderung staatsfern auszugestalten und Möglichkeiten politischer Einflussnahme auf redaktionelle Entscheidungen generell zu verhindern.


Referenzen


Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.