Estland

[EE] Estland: Umsetzung neuer Barrierefreiheitsvorschriften für Produkte und Dienstleistungen

IRIS 2022-9:1/2

Mari Anne Valberg

TGS Baltic

Das kürzlich erlassene Gesetz über die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen (Toodete ja teenuste ligipääsetavuse seadus - LPS) setzt die EU-Richtlinie zu gleichnamigen Anforderungen um. Das Gesetz gilt für Gewerbetreibende, die Produkte herstellen, einführen oder vertreiben, sowie für Dienstleister, die Dienstleistungen anbieten, die in den Geltungsbereich des Gesetzes fallen. Zu diesen Produkten und Dienstleistungen gehören beispielsweise E-Reader, Zahlungsterminals, Fahrkartenautomaten, Check-in-Automaten, Bargeld- oder Zahlungsautomaten, Selbstbedienungsterminals, Computer-Hardware und Betriebssysteme, Endgeräte mit interaktiven Rechenfunktionen, E-Commerce-Dienste, elektronische Kommunikationsdienste, E-Books und die für ihre Nutzung erforderliche Spezialsoftware, Finanzdienstleistungen, Elemente von Personenbeförderungsdiensten im Luft-, Bus-, Bahn- und Schiffsverkehr, wie zum Beispiel eine Website, ein elektronischer Fahrkartenverkaufsdienst oder ein Dienst, der Zugang zu einem audiovisuellen Mediendienst bietet.

Zweck der neuen Rechtsvorschriften

Das LPS legt Anforderungen fest, die es sehbehinderten, hörbehinderten, rollstuhlfahrenden, motorisch eingeschränkten oder anderen Personen mit verminderter Funktionsfähigkeit ermöglichen, unabhängig zu leben. So schreibt das Gesetz beispielsweise vor, dass ein Geldautomat für eine Person im Rollstuhl ebenso zugänglich sein muss wie für ein Kind, einen kleinen Erwachsenen oder eine ältere Person. 

Darüber hinaus müssen die Gebrauchsanweisung des Produkts, die Informationen auf der Verpackung und die entsprechenden Anweisungen auf einer Website oder einem anderen Zugangsmittel für mehr als einen Sinn zugänglich sein. Ebenso muss, wenn ein Produkt die Übermittlung, Nutzung oder Darstellung von Informationen ermöglicht, dies mit mehr als einem Sinn umsetzbar sein. Bei der Verwendung von akustischen oder visuellen Hilfsmitteln in einem Produkt muss der Verbraucher die Möglichkeit haben, die Schärfe des visuellen Hilfsmittels zu verbessern und die Lautstärke und Geschwindigkeit des Tons anzupassen. An Selbstbedienungsterminals werden weitreichende Anforderungen gestellt - so müssen sie beispielsweise mit Sprachsynthesetechnologie ausgestattet sein und im Falle einer begrenzten Reaktionszeit den Benutzer durch mehr als einen Sinn warnen. Ein E-Reader muss über eine Funktion zur Audiowiedergabe des Textes verfügen, und jeder Verbraucher muss in der Lage sein, in Inhalt und Layout eines E-Books zu navigieren. Die Komplexität der Informationen, die bei der Erbringung einer Finanzdienstleistung bereitgestellt werden, darf das Niveau B2 (selbstständige Sprachverwendung) des Europäischen Referenzrahmens für Sprachen des Europarats nicht überschreiten.

Wie sind die neuen Anforderungen an die Barrierefreiheit zu erfüllen?

Nach dem LPS hat der Hersteller die technischen Unterlagen so zu erstellen, dass die Konformität des Produkts mit den geltenden Barrierefreiheitsanforderungen bewertet werden kann und dass sie in dem für die Bewertung erforderlichen Maße Design, Herstellung und Verwendung des Produkts abdecken.

Wurde die Konformität eines Produkts oder einer Dienstleistung anhand einer harmonisierten Norm, die Barrierefreiheitsanforderungen enthält, oder eines Teils davon bewertet, so wird angenommen, dass das Produkt oder die Dienstleistung hinsichtlich der Anforderungen an die Barrierefreiheit, die von der Norm oder einem Teil davon abgedeckt sind, mit dieser Norm oder einem Teil davon übereinstimmt.

Wurde die Konformität eines Produkts oder einer Dienstleistung nach einer technischen Spezifikation oder einem Teil einer technischen Spezifikation, die Barrierefreiheitsanforderungen enthält, bewertet, so wird angenommen, dass das Produkt oder die Dienstleistung die Barrierefreiheitsanforderungen dieser technischen Spezifikation oder eines Teils einer technischen Spezifikation erfüllt, soweit es sich um Anforderungen handelt, die von dieser technischen Spezifikation oder einem Teil einer technischen Spezifikation abgedeckt sind.


Referenzen



Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.