Griechenland

[GR] Dynamisches Verfahren für die Blockierung illegaler Live-Stream-Übertragungen zum Schutz der Rechte von Fernsehsendern: ein Überblick über jüngste Fälle von Piraterie bei Online-Übertragungen von Sportveranstaltungen in Griechenland

IRIS 2022-7:1/16

Charis Tsigou

PhD Urheberrechts, Experte für Medienrecht, TMK Law Firm Senior Partner, Nationaler Rat für Radio und Fernsehen

Illegale Live-Übertragungen von Sportveranstaltungen im Internet werden immer mehr zu einem Problem, nicht nur für Fernsehsender, die die Exklusivrechte für die Übertragung solcher Ereignisse erworben haben und deren legitime Interessen durch diese illegalen Aktivitäten massiv verletzt werden, sondern auch für den Staat. 2021 war die Zahl der Zuschauer, die illegalen Zugang zur Übertragung nationaler oder internationaler Sportveranstaltungen in Griechenland hatten, bereits auf über 400.000 angewachsen. Pay-TV-Sendern, welche die Übertragung von Sportveranstaltungen zu einem Pauschalpaket von monatlich 44,90 EUR anbieten, dürften durch die illegale Übertragung finanzielle Verluste bis zu 215 520 000 EUR jährlich entstehen.

Verstöße gegen das Recht auf geistiges Eigentum im Internet werden in Griechenland seit langem gesetzlich geahndet. Artikel 66E Gesetz Nr. 2121/1993 über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte sieht vor, dass Rechteinhaber sich bei Urheberrechtsverletzungen im Internet an den Ausschuss zur Überwachung von Urheberrechtsverstößen im Internet (EDPP) wenden können. Der Ausschuss ist befugt, die Angelegenheit auf Antrag des Rechteinhabers zu prüfen, sofern nicht bereits Klage vor Gericht eingereicht wurde (Artikel 5 (a)(iii). Er informiert den Internetprovider innerhalb von 10 Werktagen nach Eingang des Antrags des Rechteinhabers. Dieses Verfahren erstreckt sich auch auf die Vermittlerdienste (Internetzugangs-Anbieter und Hosting-Dienste) und die Webserver-Administratoren oder Domaininhaber. Endnutzer sind nicht betroffen.

Allerdings hat sich dieses Verfahren als viel zu langsam bei der Verfolgung von illegalen Live-Übertragungen von Sportereignissen erwiesen. Daher wurde Artikel 66E geändert, ursprünglich durch Artikel 68 von Gesetz Nr. 4761/2020 und zuletzt durch Artikel 48 von Gesetz Nr. 4821/2021. Nach diesen Änderungen wurde das Gesetz durch einen neuen Artikel ergänzt, Artikel 10A. Mit diesem neuen Artikel wird ein dynamisches Verfahren für die Blockierung illegaler Live-Stream-Übertragungen von nationalen oder internationalen Veranstaltungen eingeführt. Auf diese Weise soll die illegale Übertragung von Sportereignissen durch ein schnelles Verfahren verhindert werden, das eine sofortige Blockierung der Übertragung ermöglicht. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass es auch auf Klone der Originalwebsite angewandt werden kann, die unter einer neuen IP-Adresse oder URL erscheinen, wenn sie denselben Inhalt anbieten (Artikel 66E Absatz 10A, 3).

Eingeleitet wird das Verfahren auf Antrag des Rechteinhabers (in der Regel ein Fernsehsender). Die Überprüfung ist gebührenpflichtig. Der Antrag muss dem Ausschuss spätestens 15 Tage vor der geplanten Übertragung eines Ereignisses von nationaler oder internationaler Bedeutung (Superleague, Championsleague oder andere nationale Sportereignisse) vorgelegt werden.

Nimmt der Ausschuss den Antrag entgegen, veröffentlicht er einen Beschluss, in dem der Internetprovider aufgefordert wird, für mindestens 15 Tage den Zugang zu illegalen Inhalten zu blockieren und weitere Maßnahmen zu ergreifen, mit denen wiederholte oder zukünftige Verstöße verhindert werden können (diese Bestimmung scheint eine "Stay-down"-Verpflichtung für Internetprovider zu enthalten). Die Frist für die Umsetzung muss mindestens 6 und darf höchstens 12 Stunden ab der Übermittlung des Beschlusses betragen (Artikel 66E Absatz 10A, 2qa). Der Beschluss des Ausschusses muss spätestens 24 Stunden vor der Übertragung der Veranstaltung erfolgen. Der Ausschuss kann eine Geldstrafe für jeden Tag verhängen, an dem der Internetprovider gegen diese Auflage verstößt. Internetprovider müssen außerdem sofort eine Erklärung an die Nationale Kommission für Telekommunikation und Post (EETT - die griechische Regulierungbehörde) senden, in der sie die Einhaltung der Auflagen des Ausschusses zusichern. Die EETT ist in Griechenland zuständig für die Vergabe von Domainnamen.

Wenn nach der Veröffentlichung des Ausschussbeschlusses die illegale Übertragung über eine neue Piraten-Website fortgesetzt wird, kann der Rechteinhaber ohne zusätzliche Gebühren sogar noch während der Übertragung der Veranstaltung die EETT über den erneuten Verstoß informieren (mit Kopie an den Ausschuss) (Artikel 66E Absatz 10A, 2c). Erscheint ein Verstoß wahrscheinlich, kann die EETT per E-Mail den Internetprovider auffordern, den Zugang zu der Piraten-Website zu blockieren. Internetprovider mit mehr als 50 000 Kunden sind verpflichtet, den Zugang innerhalb der von der EETT gesetzten Frist zu sperren, und zwar spätestens 30 Minuten nach Übermittlung der Anordnung der Regulierungsbehörde. Die Verfügung gilt bis zur Veröffentlichung eines ergänzenden Beschlusses durch den Ausschuss, spätestens innerhalb eines Monats (Artikel 66E Absatz 10A, 2c). Auf diese Weise wurde ein Problem gelöst, das den Regulierungsbehörden bisher großes Kopfzerbrechen bereitet hat. Denn in der Regel starten Piraten, wenn der Zugang zu ihrer Webseite blockiert wird, unverzüglich eine neue Website mit ähnlichem Titel und setzen ihre illegale Aktivität ungehindert fort. Die Bedeutung dieser Bestimmungen liegt vor allem darin, dass sie die Blockierung des Zugangs noch während der Übertragung der Veranstaltung ermöglichen und dass der Beschluss des Ausschusses oder die Anordnung der EETT sofort umgesetzt werden muss.

Auf der Grundlage dieser neuen Bestimmung hat der Ausschuss seinen Beschluss Nr. 33/7.12.2021 erlassen, gestützt auf Beweise, die von dem griechischen Pay-TV-Sender NOVA vorgelegt wurden, und Internetprovider aufgefordert, den Zugang zu 49 Domainnamen zu blockieren, bei denen das Risiko von illegalen Live-Übertragungen von Sportereignissen, die rechtmäßig von Nova übertragen werden, besonders hoch war. Etwa einen Monat später hat der Ausschuss seinen ergänzenden Beschluss Nr. 40/14.1.2022 veröffentlicht, um eine Verfügung zu validieren, die von der EETT für die Zugangsblockierung von 69 weiteren Domainnamen erlassen worden war, die illegal die Life-Sportsendungen von NOVA übertragen. Seitdem wurden mehr als 15 Beschlüsse zum Schutz der legitimen Interessen der Lizenzinhaber veröffentlicht (siehe zum Beispiel 42/2022, 48/2022, 49/2022, 54/2022, 55/2022, 67/2022, 68/2022, 69/2022, 78/2022, 79/2022, 80/2022, 81/2022, 82/2022, 83/2022, 84/2022).


Referenzen




Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.