Luxemburg
[LU] Luxemburgische Regulierungsbehörde zu nationalsozialistischen Symbolen in der Fernsehwerbung
IRIS 2022-6:1/16
Christina Etteldorf
Institut für Europäisches Medienrecht
Mit Entscheidung vom 14. März 2022 hat der Verwaltungsrat der unabhängigen luxemburgischen Behörde für audiovisuelle Medien (Autorité luxembourgeoise indépendante de l’audiovisuel, ALIA) über eine Beschwerde gegen das Programm von SportKlub 1 (in seiner serbischen Variante) vom 21. Januar 2021 entschieden und dabei eine Geldbuße in Höhe von EUR 1.500 gegen die Inhaberin der Sendelizenz ausgesprochen. Konkret ging es dabei um die Ausstrahlung eines Werbespots eines Online-Sportwettendienstes, in dessen Rahmen von einem in eine SS-Uniform gekleideten Schauspieler mit einem gespielten deutschen Akzent für die Sportwetten-Angebote zur deutschen Fußballbundesliga geworben wurde. Das war vom Werbetreibenden wohl humoristisch intendiert, verstieß aber nach Auffassung der ALIA deutlich gegen die guten Sitten und damit gegen die Lizenzbedingungen des Senders.
SportKlub1 ist ein Abonnement basierter Sportsender, der in unterschiedlichen Programmvarianten in Ungarn, Rumänien, Polen, Serbien, Slowenien und Kroatien ausgestrahlt wird. Insbesondere für die serbische Programmvariante wurde im Dezember 2020 eine Rundfunklizenz durch die luxemburgische Regierung an die Sendergruppe United Media s.à r.l. mit Sitz in Luxemburg erteilt. Hieraus ergibt sich auch die Zuständigkeit der ALIA für den vorliegenden Fall. Tätig wurde die ALIA allerdings auf eine – nach luxemburgischem Recht mögliche – Beschwerde der serbischen Regulierungsbehörde, die geltend gemacht hatte, dass der Spot gegen das serbische Werbegesetz verstoße, weil darin unter anderem nationalsozialistische Symbole verwendet und die Fußball-Bundesliga mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht werde. Visuell zeigte die Werbung einen Darsteller, der sich in der fraglichen Szene zunächst mit einer Offiziersuniform der SS sowie einer passenden Offiziersmütze mit den entsprechenden nationalsozialistischen Symbolen und anschließend mit einem Militärhelm angelehnt an den SS-Stahlhelm bekleidete. In seinem Text wies der Schauspieler darauf hin, dass er „noch nie einen Deutschen gespielt habe“ und warb im Anschluss in serbischer Sprache mit deutschem Akzent für die Wettmöglichkeiten auf die Spiele der deutschen Fußballbundesliga.
Nach Auffassung der ALIA hat die als Lizenzinhaberin für die Ausstrahlung des Werbespots verantwortliche United Media s.à r.l. hierdurch offensichtlich, ernsthaft und schwerwiegend gegen ihre Verpflichtung zur Einhaltung der guten Sitten verstoßen, wie sie in den Lizenzbedingungen festgelegt ist. Zwar hob die Behörde auch die grundlegende Bedeutung der Meinungsfreiheit hervor, die vor allem im Zusammenhang mit humoristisch angelegten Formaten, auch unter Verwendung von Stilmitteln der Karikatur oder Satire, einen sehr weitreichenden Schutz genieße. Allerdings sei im vorliegenden Kontext insbesondere zu beachten, dass das luxemburgische Strafrecht unter anderem jede öffentliche Kommunikation aufrührerischer Texte über ein Medium sowie das öffentliche Zeigen oder Tragen von Zeichen oder Symbolen verbiete, die geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu stören. Auch sei die öffentliche Aufstachelung zu Diskriminierung, Hass oder Gewalt, insbesondere durch solche Embleme, verboten. Die genannten Bestimmungen zeigten nach den Ausführungen der ALIA eindeutig den Willen des Gesetzgebers, jegliche Verwendung von Nazi-Symbolen außerhalb bestimmter Bereiche wie Forschung oder Bildung zu bekämpfen. Im vorliegenden Fall sei die Verwendung im Rahmen der kommerziellen Kommunikation geeignet, äußerst schmerzhafte Erinnerungen zu wecken und selbst Jahrzehnte nach Kriegsende noch Ängste in Teilen der Bevölkerung auszulösen, die Zeugen oder Opfer der Verfolgung und Vernichtung von Millionen von Menschen sowie anderer Ungeheuerlichkeiten unter dem NS-Regime waren, und so die Gefühle dieser Menschen und der Öffentlichkeit zutiefst zu verletzen und sogar den öffentlichen Frieden zu stören. Eine Entdämonisierung der NS-Ideologie durch die Inszenierung von „Witzen“ über ein so ernstes Thema zeuge, so die ALIA, von einem verwerflichen Mangel an Sensibilität der Produzenten des Werbespots. Eine solche Inszenierung der dunkelsten Momente der Menschheitsgeschichte könne insbesondere die verwendete NS-Symbolik banalisieren oder gar mit einem positiven Image verbinden. Auch vermittle sie ein zutiefst beleidigendes Bild der deutschen Bevölkerung. Insgesamt verstoße das gegen die Pflicht des Fernsehanbieters die intellektuellen und moralischen Empfindungen der Öffentlichkeit zu respektieren, also die guten Sitten zu wahren, was sowohl für Luxemburg als auch im Empfangsstaat Serbien gelte.
Referenzen
- Décision de l'ALIA (DEC004/2022-P006/2021)
- https://www.alia.lu/assets/upload/files/Decisions/D004-2022_P006-2021_-SK-1_BetOle_ECsite.pdf
- Entscheidung der ALIA (DEC004/2022-P006/2021)
Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.