Ukraine

[UA] Vulgäre Sprache in bestimmtem Zusammenhang zulässig

IRIS 2022-4:1/14

Andrei Richter

Comenius Universität (Bratislava)

Am 9. März 2022 fasste die Kommission für journalistische Ethik, ein Gremium von 15 Personen, die von den Unterzeichnern des Ethikkodex ukrainischer Journalisten gewählt wurden, einen Beschluss zu einer Beschwerde, die am 1. März 2022 von dem Staatsbürger Serhii Hordyshev im Zusammenhang mit einer an diesem Tag von Channel 5 (einem privaten, landesweiten Sender) ausgestrahlten Sendung eingegangen war. In einem Nachrichtenbeitrag wurde im unteren Drittel eines Videos „Russisches Kriegsschiff, f*ck dich“ eingeblendet.
Die Kommission prüfte die Beschwerde in Abwesenheit des Beklagten und beschloss, sie zurückzuweisen. Artikel 15 des Ethikkodex ukrainischer Journalisten lautet wie folgt: „Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Sprache, seiner Rasse, seiner Religion, seiner ethnischen oder sozialen Herkunft oder seiner politischen Präferenzen diskriminiert werden. Diese Informationen dürfen nur genannt werden, wenn sie ein notwendiger Bestandteil des Materials sind. Ein Journalist sollte beleidigende Worte und Schimpfwörter, Andeutungen oder Kommentare über körperliche Behinderungen oder Krankheiten einer Person vermeiden.“  Obwohl der Kodex vorschreibt, dass der Gebrauch von beleidigender und vulgärer Sprache zu unterlassen ist, stellte die Kommission fest, dass dieser Fall der Nichteinhaltung im Lichte des spezifischen Kontextes zu betrachten sei.
Dieser spezielle Satz, so wird im Text des Beschlusses erklärt, stamme aus der Antwort der ukrainischen Grenzsoldaten auf der Schlangeninsel im Schwarzen Meer auf die Kapitulationsaufforderung, die von russischen Kriegsschiffen ausging. Die Ukrainer würden ihre mutige Reaktion bewundern, die zu einem Symbol des ukrainischen Widerstands geworden sei.
Gleichzeitig rief die Kommission die Medien dazu auf:
1.    auf beleidigende und vulgäre Sprache zu verzichten, es sei denn, dies ist durch den Kontext gerechtfertigt, aber auch dann sollte häufige Verwendung solcher Sprache vermieden werden und die Medien sollten in der Lage sein, die Verwendung beleidigender Sprache zu begründen;
2.    in Sendungen oder auf Websites, die sich an Kinder richten, keine beleidigenden oder obszönen Ausdrücke zu verwenden;
3.    besonders auf die Einhaltung der journalistischen Standards und der journalistischen Ethik während des Kriegsrechts in der Ukraine zu achten.


Referenzen



Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.