Litauen

[LT] Oberstes Verwaltungsgericht legt Leitlinien für die Veröffentlichung personenbezogener Daten in der Liste der reichsten Litauerinnen und Litauer fest

IRIS 2021-10:1/23

Indre Barauskiene

TGS Baltic

In diesem Fall musste sich das Oberste Verwaltungsgericht Litauens mit einem populären Artikel über die reichsten Litauerinnen und Litauer befassen, der jährlich veröffentlicht wird. Der Artikel befasst sich mit den Personen, die in der Liste der reichsten Frauen und Männer des Landes aufgeführt werden, informiert über die geschätzte Höhe ihres Vermögens und analysiert die Entwicklung ihres Vermögens über die Jahre.

Als reichste Litauerin wurde in dieser Liste - Frau A - aufgeführt. Sie hatte beim Žurnalistų etikos inspektoriaus tarnyba (Büro des Ethikrats für die Presse — die Beklagte) Beschwerde gegen die Veröffentlichung der Daten wegen Verstoßes gegen das Visuomenės informavimo įstatymas (Gesetz über die Bereitstellung von Informationen — das Gesetz) und die Datenschutz-Grundverordnung der EU eingereicht. Die Beklagte ieß die Beschwerde zu, aber der Herausgeber des Magazins, die UAB Naujienų centras (der Herausgeber) legte Widerspruch gegen die Entscheidung ein. Der Fall ging bis zum Obersten Gerichtshof - dem – Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas (Oberstes Verwaltungsgericht Litauens ) – das am 15. September 2021 ein endgültiges Urteil veröffentlichte. Darin legte das Gericht eine Reihe von Leitlinien für die Veröffentlichung von Informationen über den reichsten Teil der litauischen Bevölkerung fest..

Zunächst befasste sich das Gericht in seinem Urteil mit dem Begriff "Person des öffentlichen Lebens". Dazu stellte das Gericht fest, dass die wohlhabendsten Litauerinnen und Litauer aufgrund ihres Vermögens eine herausgehobene Stellung in der litauischen Gesellschaft einnehmen und dass Informationen über die Höhe ihres Vermögens für die Öffentlichkeit von Interesse sind. Aus diesem Grund stellen sie Personen des öffentlichen Lebens dar, und zwar im Sinne von Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention und des Gesetzes. Allerdings nehmen diese Personen keine offiziellen Aufgaben im öffentlichen Bereich wahr. Das bedeutet, dass ihr Recht auf Schutz der Privatsphäre im Prinzip umfassender ist als das von Personen, die ein öffentliches Amt bekleiden. Im Zusammenhang mit dem Fall war die Tatsache, dass die Person, um die es hier ging, in wichtigen sozialen Bereichen tätig war, nicht von Belang und hatte auch keinen Einfluss auf die Einstufung als Person des öffentlichen Lebens. Was das öffentliche Interesse an solchen Listen anbelangt, so stellte das Oberste Verwaltungsgericht fest, dass die Veröffentlichung von Informationen über die reichsten Litauerinnen und Litauer und die Diskussion über die Höhe ihres Vermögens und die Bereiche, in denen sie wirtschaftlich tätig sind, in der Tat für die Öffentlichkeit von Interesse sind. Das Gericht stellte ferner fest, dass solche Listen Fragen aufwarfen, die für die Gesellschaft immerhin so relevant sind, dass sie in der Tat das öffentliche Interesse wecken.

Allerdings entschied das Gericht, dass die veröffentlichten Daten noch einmal überprüft werden müssen, um ihren Wahrheitsgehalt und ihre Vollständigkeit festzustellen. Frau A. war eine Privatperson, und daher gab es keine zuverlässige amtliche Quelle, aus der die tatsächliche Höhe ihres Vermögens hervorging. Die Berechnungsmethode des Magazins, so das Gericht, konnte nicht als glaubwürdig angesehen werden. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Veröffentlichung eines unrichtigen Werts des Vermögens von Fau A gegen den Grundsatz der Genauigkeit, Fairness und Objektivität in der Berichterstattung verstieß (Artikel 3 Absatz 3 des Gesetzes).

Das Gericht urteilte abschließend, dass die Angaben zum Vermögen von Frau A in der Liste der reichsten Litauerinnen und Litauer nur einen Schätzwert darstellten (als Ergebnis der Bewertung der Vermögensdaten) und daher als Meinung gewertet werden müssten, nicht als Fakten oder tatsächlicher Wert (Wissen). Der Beschluss wurde daher zu einer erneuten Entscheidung zurückverwiesen.


Referenzen

  • Lietuvos vyriausiojo administracinio teismo 2021 m. rugsėjo 15 d. nutartis administracinėje byloje Nr eA-2066-624/2021
  • https://www.infolex.lt/tp/2024252
  • Urteil des Obersten Verwaltungsgericht Litauens in der Verwaltungssache Nr. eA-2066-624/2021, vom 15. September 2021.

Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.