Deutschland
Vorlage an den EuGH im „StreamOn“ Verfahren
IRIS 2020-3:1/15
Jan Henrich
Institut für Europäisches Medienrecht (EMR), Saarbrücken/Brüssel
Mit Beschluss vom 20. Januar 2020 hat das Verwaltungsgericht Köln dem Europäischen Gerichtshof Fragen zur Auslegung der Verordnung (EU)2015/2120 im Hinblick auf die darin enthaltenen Vorschriften zur Netzneutralität vorgelegt. Hintergrund ist ein Verfahren über das Angebot „StreamOn“ des deutschen Mobilfunkbetreibers Telekom Deutschland GmbH. Im Rahmen des Angebots wird teilweise die Datenübertragungsrate von Videostreams gedrosselt.
„StreamOn“ ist ein sogenanntes Zero-Rating-Angebot, das kostenlos zu einigen Tarifen des Mobilfunkbetreibers hinzugebucht werden kann. Dabei wird der Datenverkehr für Audio- und Videostreaming bestimmter „Content-Partner“ nicht auf das zur Verfügung stehende Inklusiv-Datenvolumen des Mobilfunkvertrags angerechnet. Partner im Rahmen des Angebots sind beispielsweise Videostreaming-Dienste wie Netflix oder YouTube, aber auch die Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Rundfunksender in Deutschland. Bei Aktivierung von „StreamOn“ willigen Kunden allerdings gleichzeitig auch in eine grundsätzliche Bandbreitenlimitierung auf maximal 1,7 Mbit/s für Videostreaming ein.
Die in Deutschland für die Aufsicht über den Telekommunikationsmarkt zuständige Bundesnetzagentur hatte im Dezember 2017 die Fortführung von Teilen des Angebots untersagt. Laut Behörde sei ein Zero-Rating-Angebot zwar grundsätzlich zulässig, allerdings dürfe im Rahmen von „StreamOn“ nur eine ungedrosselte Bandbreite zur Verfügung gestellt werden. Die Behörde begründete ihre Entscheidung mit Verstößen gegen den Grundsatz der Netzneutralität. Diese schütze als grundlegendes Funktionsprinzips des Internets alle Nutzer. Der Grundsatz sei verletzt, wenn Übertragungsgeschwindigkeiten für Videostreams gezielt reduziert würden.
Der Telekommunikationsanbieter hatte daraufhin gegen die Anordnung geklagt. Im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens hatte das Oberverwaltungsgericht bereits vorläufig die Untersagung von Teilen des „StreamOn“ Angebots bestätigt. Das im Hauptsacheverfahren zuständige Verwaltungsgericht Köln legte den Rechtsstreit nun dem EuGH vor.
Der Europäische Gerichtshof soll klären, ob Vereinbarungen zwischen Anbietern von Internetzugangsdiensten und Endnutzern über Preis, Datenvolumen oder Geschwindigkeit dem in Art. 3 Abs. 3 der Verordnung (EU)2015/2120 festgelegten Gleichheitsgrundsatz entsprechen müssen. Zudem hat das Verwaltungsgericht verschiedene Fragen zur Reichweite der nach der Verordnung zulässigen Verkehrsmanagementmaßnahmen vorlegt.
Referenzen
- Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Köln vom 21.01.2020 - Az.: 9 K 4632/18
- https://www.vg-koeln.nrw.de/behoerde/presse/Pressemitteilungen/03_200121/index.php
Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.