Albanien

OSZE: Rechtsanalyse zu Vorschlagsentwürfen für eine Regulierung elektronischer Publikationen in Albanien

IRIS 2019-8:1/7

Joan Barata Mir

Am 23. Juli 2019 übermittelte der OSZE-Beauftragte für Medienfreiheit (BfMf) dem albanischen Premierminister Edi Rama eine Rechtsanalyse, die eine Reihe von Änderungsvorschlägen zum Gesetz 97/2013 über audiovisuelle Medien in der Republik Albanien und zum Gesetz 9918 vom 19. Mai 2008 über elektronische Kommunikation in der Republik Albanien untersucht. Diese Mitteilung ist Teil eines langen Konsultationsprozesses zwischen dem Büro des Beauftragten und der Regierung während der langen - und noch andauernden - Ausarbeitung der Gesetzgebung. Ungeachtet der Tatsache, dass es im Vergleich zu den Anfang des Jahres ausgearbeiteten Entwürfen wichtige Verbesserungen gegeben hat, weist die Analyse auf einige noch immer in den Vorschlägen enthaltene problematische Punkte hin, die offensichtlich nicht mit den internationalen Normen für die Meinungsfreiheit in Einklang stehen.

Die unabhängige Regulierungsbehörde für audiovisuelle Medien (Audiovisuelle Medienbehörde - AMB) wurde ermächtigt, die Anbieter elektronischer Publikationsdienste zu verpflichten, bei Verstößen gegen verschiedene allgemeine Verpflichtungen, die in früheren Rechtsvorschriften verankert sind, unter anderem die Verpflichtung zur „Achtung der Privatsphäre und Würde der Bürger“, eine Entschuldigung zu veröffentlichen, Inhalte zu entfernen oder eine Popup-Meldung einzufügen. Der Analyse zufolge ist diese Bestimmung zu weit gefasst und ungenügend definiert und könnte daher dazu führen, dass sehr restriktive Entscheidungen nahezu nach freiem Ermessen getroffen werden.

Der jüngste Vorschlag verweist auch auf die Möglichkeit der „Sperrung des Zugangs zum Internet“ in Fällen, in denen elektronische Mediendienste möglicherweise Straftaten wie Kinderpornographie, Anstiftung zu terroristischen Handlungen oder Verletzung der nationalen Sicherheit „Vorschub leisten“. Solche Beschlüsse sind offenbar von der AMB „nach schriftlichen Stellungnahmen der nationalen Behörde für elektronische Zertifizierung und Cybersicherheit (NAECES - National Authority for Electronic Certification and Cyber Security) und der Behörde für elektronische und postalische Kommunikation (AKEP) zu fassen“. Die Analyse kritisiert, dass der Entwurf in Bezug auf den Zuständigkeitsbereich oder die Nichzuständigkeit der AMB in solchen Fällen nicht eindeutig ist: Wenn das Ziel der Rechtsreform darin besteht, die Entfernung illegaler Inhalte im Internet zu beschleunigen, wäre die Einführung eines neuen Vermittlers zwischen NAECES und AKEP eine ineffiziente Lösung, die nur die Ausführung der Entscheidung verlängern und weitere Rechtsunsicherheit schaffen würde. Die Analyse weist insbesondere darauf hin, dass der Entwurf nicht deutlich macht, ob die AMB befugt ist, die Entscheidungen von NAECES in diesem Bereich zu überprüfen oder zu ändern.

In einem größeren Zusammenhang stellt der BfMf auch in Frage, ob die in den Entwurf aufgenommenen Bestimmungen ausreichende Garantien enthalten. Dies gilt für Ordnungsmaßnahmen, die gegenüber Anbietern elektronischer Publikationsdienste im Falle möglicher übermäßiger vorübergehender und quantitativer Beschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung (insbesondere wenn es sich um völlig legitime Inhalte handelt, die auch auf Websites mit illegalen Inhalten verfügbar sind) ergriffen werden könnten, sowie für den Zugang zu wirksamen Rechtsbehelfen und Mechanismen zur gerichtlichen Überprüfung.

Hinsichtlich Sanktionen begrüßt der BfMf die Verweise auf untergesetzliche Rechtsvorschriften, die das System für Verstöße und Sanktionen im Einzelnen bestimmen. Die Analyse stellt jedoch auch fest, dass es keine Bestimmung gibt, dass solche untergesetzlichen Vorschriften insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgen und die Größe und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der betreffenden Medien berücksichtigen müssen. Darüber hinaus verweisen die vorgeschlagenen Vorschriften auf sehr hohe wirtschaftliche Strafen, die bei Verstößen, die nicht unbedingt schwerwiegend sein müssen, zu verhängen sind.

Nicht zuletzt werden auch die Befugnisse, die der AKEP mit dem Vorschlag übertragen werden, Rechtsvorschriften über elektronische Kommunikation zu ändern, insbesondere die Befugnis, Maßnahmen zum Schutz eines breiten Spektrums von Interessen, einschließlich nationaler Interessen, der öffentlichen Sicherheit oder der Grundrechte, zu ergreifen, als unvereinbar mit den internationalen Normen für Rechtssicherheit, Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit angesehen.


Referenzen

  • Legal Analysis on the Draft Laws on Changes and Amendments to the Law on Audiovisual Media and the Law of Electronic Communications in the Republic of Albania and Other Relevant Provisions Regarding the Regulation of Certain Types Content Provided Through the Internet
  • https://www.osce.org/representative-on-freedom-of-media/426152?download=true
  • Rechtsanalyse zu den Gesetzentwürfen über Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes über audiovisuelle Medien und des Gesetzes über elektronische Kommunikation in der Republik Albanien sowie zu anderen einschlägigen Bestimmungen über die Regulierung bestimmter Arten von Inhalten, die über das Internet bereitgestellt werden

Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.