Vereinte Nationen: Gemeinsame Erklärung zu Meinungsfreiheit und „Fake News“, Desinformation und Propaganda

IRIS 2017-5:1/1

Emmanuel Vargas Penagos

Institut für Informationsrecht (IViR), Universität Amsterdam

Am 3. März 2017 verabschiedeten die vier Sonderbeauftragten für den Schutz der Meinungsfreiheit (UN-Sonderberichterstatter für freie Meinungsäußerung, OSZE-Vertreter für Medienfreiheit, OAS-Sonderberichterstatter für freie Meinungsäußerung und ACHPR-Sonderberichterstatter für freie Meinungsäußerung und Informationszugang) mit Unterstützung von ARTIKEL 19 und des Zentrums für Recht und Demokratie (CLD) eine gemeinsame Erklärung zu Meinungsfreiheit und „Fake News“, Desinformation und Propaganda.

Die Erklärung stellt zunächst fest und äußert Besorgnis darüber, dass Desinformation und Propaganda in traditionellen und sozialen Medien in der ganzen Welt zunehmen und von staatlichen und nichtstaatlichen Akteuren betrieben werden. Diese Art von Inhalten, so die Sonderbeauftragten, solle die Bevölkerung in die Irre leiten und das Recht der Öffentlichkeit auf Kenntnis durch Fakten und die individuellen Rechte auf freie Meinungsäußerung und Meinungsfreiheit beeinträchtigen.

Die Sonderbeauftragten zeigen sich alarmiert durch Handlungen öffentlicher Behörden, welche die Rolle von Journalisten als öffentliche Kontrollinstanzen untergraben, zum Beispiel durch Verunglimpfung, Einschüchterung und Bedrohung der Medien, indem diese als „Mitglieder der Opposition“, als Lügner oder Verfechter heimlicher politischer Absichten bezeichnet werden.

Die Sonderbeauftragten verurteilen Maßnahmen von Regierungen gegen Andersdenkende und Kontrolle der öffentlichen Kommunikation wie:  repressive Vorschriften für die Einrichtung oder den Betrieb von Medien, Eingriffe in den Betrieb, unter anderem durch Verweigerung von Akkreditierung und Verfolgung aufgrund politischer Motive, Gesetze zur Einschränkung der Verbreitung von Inhalten, willkürlich und wiederholt ausgerufener Ausnahmezustand, technische Maßnahmen wie das Sperren, Filtern, Blockieren oder Schließen digitaler Räume und Druck auf Vermittler, Informationen einzuschränken oder zu unterdrücken.

Insbesondere wird auf spezifische Grundsätze in Bezug auf Online-Inhalte verwiesen. So sollten Vermittler in Bezug auf ihre Dienste nicht für Inhalte Dritter haftbar gemacht werden, solange sie nicht ausdrücklich in diese Inhalte eingreifen oder sich einer Anordnung widersetzen. Darüber hinaus wird die Sperrung von ganzen Websites, IP-Adressen, Ports oder Netzwerkprotokollen als extreme Maßnahme betrachtet, die nur nach denselben Bedingungen angewendet werden dürfe, die auch die Einschränkung der Meinungsfreiheit rechtfertigen.

Bei der Betrachtung der Standards zu Desinformation und Propaganda heißt es in der Erklärung, generelle Verbote für die Verbreitung von Informationen, die vagen und mehrdeutigen Gedanken entstammen, sind nicht mit den internationalen Garantien für freie Meinungsäußerung vereinbar. In ihrer Erklärung schlagen die Sonderbeauftragten vor, Strafgesetze für Verleumdung abzuschaffen, da sie übermäßig restriktiv seien.

Die positive Verpflichtung von Staaten, ein förderliches Umfeld für freie Meinungsäußerung zu schaffen, verlangt eindeutige Regulierungsrahmen für Rundfunkveranstalter zu setzen, die Präsenz starker, unabhängiger und angemessen ausgestatteter öffentlich-rechtlicher Medien zu gewährleisten, Fördermaßnahmen für Medienvielfalt zu unterstützen, Medien- und Digitalkompetenz zu fördern und Gleichberechtigung, Nichtdiskriminierung, interkulturelles Verständnis und andere demokratische Werte zu fördern. Schließlich misst die Erklärung der Rolle von Vermittlern und ihrer Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte maßgebliche Bedeutung bei. Bei der Betrachtung dieser Frage legt die Erklärung fest, dass Grundstandards eingehalten werden müssen, wenn Vermittler beabsichtigen, Inhalte Dritter über ihre rechtliche Verpflichtung hinaus einzuschränken. Dies beinhaltet unter anderem, eindeutige und festgelegte Regeln zu verabschieden, die für Nutzer einfach nachvollziehbar und verständlich sind, und Mindestverfahrensgarantien zu achten.


Referenzen

  • Declaration by the United Nations Special Rapporteur on Freedom of Opinion and Expression, the Organization for Security and Co-operation in Europe Representative on Freedom of the Media, the Organization of American States (OAS) Special Rapporteur on Freedom of Expression and the African Commission on Human and Peoples’ Rights Special Rapporteur on Freedom of Expression and Access to Information, Joint declaration on freedom of expression and “fake news”, disinformation and propaganda, 3 March 2017
  • http://www.osce.org/fom/302796
  • Erklärung des UN-Sonderberichterstatters für freie Meinungsäußerung, des OSZE-Vertreters für Medienfreiheit, des OAS-Sonderberichterstatters für freie Meinungsäußerung und des ACHPR-Sonderberichterstatters für freie Meinungsäußerung und Informationszugang, Gemeinsame Erklärung zu Meinungsfreiheit und „Fake News“, Desinformation und Propaganda, 3. März 2017

Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.