Portugal

[PT] Entscheidung des Obersten Gerichts zur Notwendigkeit von Genehmigungen für Zusatzlautsprecher

IRIS 2014-2:1/29

Mariana Lameiras & Helena Sousa

United Nations University Operating Unit on Policy-Driven Electronic Governance (UNU-EGOV) & Communication and Society Research Centre, Universität Minho

Am 16. Dezember 2013 hat das Oberste Portugiesische Gericht entschieden, dass die Verwendung von Zusatzlautsprechern, die an ein Fernsehgerät angeschlossen sind und im öffentlichen Raum gewerblich genutzt werden, um den Ton zu verstärken, keine neue Art der Nutzung von Werken darstellt und somit keine weitere Genehmigung seitens der Urheber erfordert (Urteil Nr. 15/2013, AZ 124/11.9GAPVL.G1 -A.S1, 3. Sektion, 13. November). Nach dieser Entscheidung ist die Verwendung zusätzlicher Geräte zur Tonwiedergabe in Verbindung mit Radio- oder Fernsehgeräten nicht als Weiterverbreitung des ausgestrahlten Werks zu werten - d.h. es ist keine weitere Genehmigung erforderlich, und daher ist auch der Tatbestand der widerrechtlichen Verwendung im Sinne der Art. 149, 195 und 197 des Gesetzes über Urheberrechte und verwandte Schutzrechte nicht erfüllt. Das Gericht begründet seine Entscheidung zum Teil mit dem Hinweis, dass hier zwischen „Kommunikation“ und „Empfang“" unterschieden werden müsse. Im vorliegenden Fall handle es sich nicht um den Prozess von „Empfangen/Senden“; hier gehe es um das Empfangen von Informationen am Ende des Übertragungsprozesses, und somit habe der Grundsatz der Empfangsfreiheit Vorrang; die erforderlichen Genehmigungen seien in den entsprechenden vorgeschalteten Phasen der Ausstrahlung eingeholt worden. Nach Auffassung des Obersten Gerichts Portugals liegt hier die Konstellation „Empfangen/Verstärken“ vor, bei der die ausgestrahlten Inhalte nicht verändert würden, wobei nicht gegen Urheberrechte verstoßen werde.

Der Fall geht auf ein Berufungsverfahren gegen ein Urteil erster Instanz (Tribunal da Relação de Guimarães) zurück, da zwei widersprüchliche Urteile zu diesem Thema vorliegen: einerseits eine Entscheidung in erster Instanz (Gericht in Guimarães - Verfahren-Nr. 124/11.9GAPVL.G1, vom 7. Januar 2013), in der festgestellt wird, dass ein Café-Besitzer nicht gegen geltendes Recht verstößt, wenn er drei Lautsprecher nutzt, die an ein Fernsehgerät angeschlossen sind, auf dem das Programm eines Musiksenders läuft. Nach Meinung des Gerichts gehe es um den Vorgang des Empfangens, für den keine Genehmigung der Urheber notwendig sei. Anlässlich einer Kontrolle der Polizei im Café wurden die Geräte jedoch beschlagnahmt, weil keine Genehmigung zur Verbreitung urheberrechtlicher Werke vorgelegt werden konnte, und es kam zu einem Strafverfahren gegen den Betreiber. Andererseits ging die Staatsanwaltschaft bei der Berufung auch von einer gegenteiligen Entscheidung (Urteil in erster Instanz, Gericht Guimarães - Verfahren-Nr. 974/07-2, vom 2. Juli 2007) desselben Gerichts in einem ähnlichen Fall aus. In diesem Fall war das Gericht der Auffassung, dass ein Tatbestand der rechtswidrigen Nutzung vorliege, weil der Beschuldigte das Sendesignal nicht nur empfange, sondern es in veränderter Form über vier Lautsprecher wiedergebe.

Das Urteil des Obersten Gerichts stellt im Hinblick auf vorausgegangene Entscheidungen anderer Gerichte eine wesentliche Abweichung dar und ist als Acórdão de Fixação de Jurisprudência (eine Art Entscheidung, die einen Präzedenzfall schafft) zu bewerten: ein Urteil, das Gerichten der unteren Instanzen als unverbindliche Auslegungsleitlinie dient.

Die portugiesische Verwertungsgesellschaft (Sociedade Portuguesa de Autores) hat mitgeteilt, dass sie mit der Entscheidung des Obersten Gerichts nicht einverstanden sei; ihrer Auffassung nach verstößt das Urteil gegen einschlägige EU-Richtlinien, die in Portugal in nationales Recht umgesetzt worden sind, und gegen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs.


Referenzen

  • Acórdão do Supremo Tribunal de Justiça n.º 15/2013 (Proc. n.º 124/11.9GAPVL.G1 -A.S1 — 3.ª Secção) publicado no Diário da República, 1.ª série — N.º 243 — 16 de dezembro de 2013
  • https://dre.pt/pdf1sdip/2013/12/24300/0682106828.pdf
  • Entscheidung des Obersten Gerichts Nr. 15/2013, AZ 124/11.9GAPVL.G1 -A.S1, 3. Sektion, veröffentlicht im Amtsblatt Nr. 243, Reihe 1, 16. Dezember 2013

Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.