Frankreich

Europäische Kommission: Bewilligung von Bonus-Kanälen in Frankreich verstößt gegen EU-Recht

IRIS 2011-9:1/7

Amélie Blocman

Légipresse

Mit dem dem so genannten Gesetz „über das Fernsehen der Zukunft“ aus dem Jahr 2007 erhielten die „etablierten“ französischen Privatsender TF1, M6 und Canal+ zusätzliche Sendekanäle, auch „Bonus-Kanäle“ genannt (siehe IRIS 2007-3/20). Damit sollten Nachteile ausgeglichen werden, die diesen Sendern aufgrund der vorzeitigen Analogabschaltung und des Markteinstiegs neuer konkurrierender Sender über DVB-T entstanden waren. Da die vollständige Abschaltung des Analog-Signals für November 2011 vorgesehen war, hätten diese zusätzlichen Kanäle theoretisch ab dem folgenden Monat auf Sendung gehen können, wenn die Europäische Kommission nicht im Dezember 2010 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Frankreich eingeleitet hätte. Die Kommission wacht darüber, dass die Vorteile aus der digitalen Dividende mit Hilfe offener, transparenter, objektiver, diskriminierungsfreier und verhältnismäßiger Ausschreibungsverfahren genutzt werden können (eine Ausnahme bilden Fernsehsender, die Ziele von allgemeinem Interesse verfolgen). Damit soll der Markteinstieg neuer Unternehmen ermöglicht und dem Fernsehzuschauer eine größere Programmauswahl geboten werden. Es überrascht daher nicht, dass Brüssel am 29. September 2011 eine mit Gründen versehene Stellungnahme an Frankreich gerichtet hat. Die Kommission vertritt die Auffassung, dass die französische Regelung, nach der den drei „alteingesessenen“ Anbietern TF1, M6 und Canal+ ohne jegliche Ausschreibung zusätzliche Sendekanäle (so genannte „canaux compensatoires“) zugewiesen wurden, gegen EU-Recht verstößt. Diese Regelung benachteilige Wettbewerber und enthalte den Fernsehzuschauern ein attraktiveres Fernsehangebot vor. Ein solches Verfahren, so die Kommission, sei ausschließlich bei Fernsehsendern zulässig, die Ziele von allgemeinem Interesse verfolgen. Dies sei jedoch bei den drei fraglichen Sendern nicht der Fall. Darüber hinaus sei die Frequenzzuweisung als Ausgleichsleistung nicht verhältnismäßig, da der Schaden, den die Anbieter für die um einige Monate vorgezogene Analogabschaltung geltend machen, unerheblich sei und sogar durch bereits gewährte Vorteile kompensiert worden sein könne. Ferner vertritt die Kommission die Auffassung, dass eine automatische Zuweisung zusätzlicher Sendekanäle an bestimmte Anbieter eine Begünstigung gegenüber neuen Anbietern darstellt. Frankreich muss nun den einschlägigen EU-Rechtsvorschriften innerhalb von zwei Monaten nachkommen, das heißt, die umstrittenen Bestimmungen aus dem Gesetz von 2007 streichen. Andernfalls kann die Kommission den Europäischen Gerichtshof anrufen.


Referenzen


Verknüpfte Artikel

IRIS 2007-3:1/20 [FR] Gesetz über das Fernsehen der Zukunft

Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.