Niederlande
[NL] Norma und Irda gegen Vecai et al.
IRIS 2009-4:1/24
Joost Gerritsen
Institut für Informationsrecht (IViR), Universität Amsterdam
Der Verband Vecai (mittlerweile in NLkabel umbenannt) vertritt fünf Kabelbetreiber. Vecai et al. waren von den Verwertungsgesellschaften Norma und Irda verklagt worden. Norma und Irda vertreten ausübende Künstler im Sinne des Wet op de naburige Rechten (Gesetz über verwandte Schutzrechte - WNR): Norma und Irda sind berechtigt, ihre ausübenden Künstler in deren Recht zu vertreten, die unveränderte und vollständige Weitersendung einer Darbietung oder eines Tonträgers oder einer Wiedergabe davon über eine Kabelsendeanlage zu genehmigen. Die Klage bezieht sich darauf, dass die Kabelbetreiber Werke ohne Zustimmung der ausübenden Künstler weitersenden und dabei deren verwandte Schutzrechte verletzen. Am 28. Januar 2009 entschied das Bezirksgericht Den Haag, dass der Fall die Sendung und nicht die Weitersendung betrifft und daher keine Verletzung verwandter Schutzrechte vorliegt.
Heute übertragen Rundfunkorganisationen ihre (der Öffentlichkeit unzugänglichen und manchmal verschlüsselten) Signale über Satellit oder Kabel direkt an die Kabelbetreiber, wie in diesem Fall die Beklagten. Die Frage war, ob dieses Signalverbreitungssystem eine Form der Weitersendung im Sinne von Art. 14a WNR darstellt.
Die Klagen von Norma und Irda stützen sich auf Art.14a WNR. Diesem Artikel zufolge liegt das Recht, eine unveränderte und vollständige Weitersendung über eine Kabelübertragungsanlage zu genehmigen, beim Künstler. Dieses Recht kann auch durch juristische Personen wie Norma und Irda wahrgenommen werden. Die Kläger behaupten, die Sendung durch die Kabelbetreiber stelle eine Form der Weitersendung dar. Sie argumentieren, dass die Weitersendung nicht genehmigt damit unrechtmäßig sei. Vecai et al. bestritten jedoch, dass es sich hier um eine Weitersendung handelt. Sie stützen ihre Argumentation auf die Rechtssachen C-306/05 (SGAE gegen Rafael Hoteles, siehe IRIS 2007-2: 3) und C-192/04 (Lagardère Active Broadcast gegen SPRE und GVL) des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), nach denen „Weitersendung“ bedeutet, dass a) ein öffentlich-rechtliches Radio- oder Fernsehsignal aufgenommen und weiterverbreitet wird und b) das Signal entgegen der Intention des Rechteinhabers bei einem anderen Publikum ankommt. Das Bezirksgericht Den Haag befand, dass die Verbreitung von Signalen zwischen Rundfunkgesellschaften und Kabelbetreibern keine Form von Weitersendung im Sinne von Art. 14a WNR darstellt. Daher müsse das von den Kabelbetreibern übermittelte Signal als „Sendung“ und nicht, wie von den Klägern gefordert, als „Weitersendung“ definiert werden.
Die Behauptung der Kläger im Hinblick auf Art. 9 der Kabel- und Satellitenrichtlinie (Richtlinie 93/83/EWG zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung) ist nicht haltbar. Diesem Artikel zufolge müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass das Recht, einem Kabelbetreiber die Genehmigung für eine Weitersendung per Kabel zu erteilen oder zu verweigern, nur durch Verwertungsgesellschaften wie Norma oder Irda wahrgenommen werden kann. Die Kläger behaupten, eine Auslegung des Begriffs „Weitersendung“ im nationalen Recht entsprechend dem Begriff „Weiterverbreitung“ in der Richtlinie würde Art. 14a WNR auch auf die „Sendung“ anwendbar machen. Nach Auffassung des Gerichts liefe eine solche Ausweitung des Begriffs „Weitersendung“ dem Gesetz zuwider.
Referenzen
- Rechtbank ‘s-Gravenhage, 28 januari 2009, vonnis van Norma & Irda tegen Vecai et al.
- http://www.boek9.nl/www.delex-backoffice.nl/uploads/file/Boek9%20/Boek%209%20Uitspraken/Auteursrecht/Norma%20-%20Vecai%2028%20januari%202008%20_4_.pdf
- Erstinstanzliches Bezirksgericht Den Haag, 28. Januar 2009, Urteil in der Rechtssache Norma und Irda gegen Vecai et al.
Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.