Frankreich
[FR] Vermarktung der Übertragungsrechte von Sportveranstaltungen und Achtung des Rechts auf Information
IRIS 2002-3:1/37
Mathilde de Rocquigny
Légipresse
Die Übertragungsrechte von Fußballspielen im Radio sind zurzeit Gegenstand heftiger Diskussionen. Während sich die französische Sportministerin, Marie-George Buffet, gegen jegliche Art von Kommerzialisierung und Monopol ausspricht, hat die französische Ligue nationale de football (Fußballnationalliga - LNF) am 22. Februar 2002 eine Partnerschaftsausschreibung zum Verkauf der Übertragungsrechte der von ihr organisierten Spiele (französische Meisterschaft der ersten und zweiten Division, Ligapokal) veranstaltet. Der Radiosender RMC Info seinerseits hat durch einen Vertrag mit der Kirch-Gruppe die Exklusivrechte zur Übertragung der Weltmeisterschaft erworben.
Für viele Akteure im Hörfunkbereich stellt die Vermarktung der Übertragungsrechte ein schwerwiegendes Problem im Zusammenhang mit der Achtung der Informationsfreiheit sowie eine Beeinträchtigung der freien Wahl des Hörers dar. Die Sportministerin erinnerte in diesem Zusammenhang an die in diesem Bereich geltenden Rechtsvorschriften. Im abgeänderten Gesetz vom 16. Juli 1984 über die Verpflichtung und die Förderung von körperlichen und sportlichen Aktivitäten heißt es insbesondere, dass „die Abtretung der Verwertungsrechte an einer (...) Sportveranstaltung an einen audiovisuellen Kommunikationsdienst die Information der Öffentlichkeit durch andere audiovisuelle Kommunikationsdienste nicht beeinträchtigen darf". Der Ministerin ist es zwar nicht gelungen, die LNF von ihrer Ausschreibung abzuhalten, sie hat aber durch ihre Aufforderung an die Radiosender, nicht darauf zu reagieren, Schadensbegrenzung betrieben. Unter diesen Voraussetzungen scheint RMC Info, der einzige Rundfunkanbieter, der Interesse bekundet hatte, seinen Standpunkt revidiert zu haben.
Am 25. Februar 2002 empfing Buffet Vertreter von Sport Libre, einem Zusammenschluss von Rundfunkanbietern, um mit ihnen über diese Probleme zu sprechen. Die Vertreter der Gruppe erklärten, gemeinsam an der Formulierung eines oder mehrerer Gesetzesartikel arbeiten zu wollen, mittels derer das Recht auf Information festgelegt und gewährleistet werden solle. Man kündigte die Gründung eines aus Vertretern von Hörfunkanstalten bestehenden Ausschusses zur Behandlung dieser Angelegenheit an.
Die Diskussionen wirkten sich auch auf die Übertragung einer anderen Sportart aus, in dem Maße, in dem die allgemeinen Radiosender den in Australien ausgetragenen ersten Grand-Prix der Formel 1 des Jahres boykottierten. Mit dieser von allen Mitgliedern von Sport Libre mitgetragenen Entscheidung sollte zum einen dagegen protestiert werden, dass RMC Info die Exklusivrechte für die Radioübertragung der Formel 1 in dieser Saison erhalten hatte und zum anderen allgemein gegen die Vermarktung der Übertragungsrechte für die verschiedenen Fußballspiele. Der Radrennsport scheint von diesen Auseinandersetzungen verschont zu bleiben. Am 26. Februar 2002 schlossen die Organisatoren der Tour de France Exklusivrechte bei der Radioübertragung des Radrennens aus. Der Präsident der Muttergesellschaft der Tour de France führte in diesem Zusammenhang aus, dieses Radrennen sei die „größte kostenlose Veranstaltung der Welt".
Die Frage der Vermarktung der Rechte wurde auf Initiative des Präsidenten der LNF auch für den Bereich der Printmedien erörtert und löste große Besorgnis unter den Betroffenen in diesem Sektor aus, insbesondere innerhalb des nationalen Verbands der französischen Presse. Die LNF zog jedoch schleunigst ihr Projekt mit dem Argument zurück, die Presse kommentiere die Fußballspiele lediglich im Nachhinein.
Abschließend sei darauf hingewiesen, dass im Fernsehsektor eine Abtretung der Übertragungsrechte an Sportveranstaltungen möglich ist. Durch Übernahme der per Gesetz vom 1. August 2000 eingeführten Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen" in den Artikel 20-2 des geänderten Gesetzes vom 30. September 1986 wurde hier per Verordnung eine Liste von bedeutenden Ereignissen erstellt, deren exklusiver Erwerb durch einen bestimmten Sender nicht möglich ist (siehe IRIS 2001-3: 11). Allerdings ist dieser Text bis zum heutigen Tag nicht verabschiedet worden. Die gegenwärtige Debatte mag für die Regulierungsbehörden Anlass sein, sich nunmehr mit dieser Frage zu befassen.
Referenzen
Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.