Niederlande
[NL] Neue Vorschriften für die Überwachung von Journalisten und den Schutz journalistischer Quellen
IRIS 2024-5:1/11
Ronan Ó Fathaigh
Institut für Informationsrecht (IViR)
Am 1. Mai 2024 billigte die Openbaar Ministerie (niederländische Staatsanwaltschaft) wichtige neue Vorschriften für Strafverfahren, an denen Journalisten beteiligt sein können. Die neuen Vorschriften sehen insbesondere vor, dass bei einer auf Verdächtige abzielenden Überwachung oder heimlichen Aufzeichnung von Kommunikation, bei der auch Journalisten anwesend sein können, ein Ermittlungsrichter eine vorherige Genehmigung zur Aufzeichnung der Kommunikation erteilen muss. Die Vorschriften ergingen in der Folge einer aktuellen Kontroverse in den Niederlanden. Dabei wurden während einer strafrechtlichen Ermittlung Gespräche zwischen Verdächtigen aufgezeichnet, bei denen auch Journalisten anwesend waren. Die Nederlandse Vereniging van Journalisten (niederländischer Journalistenverband) begrüßte die neuen Vorschriften.
Die neuen Vorschriften sind Teil der Strafverfahrensregeln der Staatsanwaltschaft in Bezug auf Journalisten. Diese Regeln wurden gemäß Artikel 130 des Wet op de rechterlijke organisatie (Gerichtsverfassungsgesetz) erlassen. Sie beschreiben die Standards, die die Staatsanwaltschaft oder die ihr unterstellten Ermittlungsdienste bei Strafverfahren beachten müssen, an denen ein Journalist beteiligt ist.
Es wurden nun Änderungen an den Regeln vorgenommen, die nach Angaben der Staatsanwaltschaft Situationen betreffen, in denen „die Aufzeichnung vertraulicher Kommunikation nicht auf Journalisten abzielt, an denen jedoch Journalisten beteiligt sind (oder beteiligt sein könnten)“. Zum einen benötigte die Staatsanwaltschaft bereits zuvor die Genehmigung des Ermittlungsrichters, um vertrauliche Mitteilungen eines Verdächtigen aufzuzeichnen. Allerdings gab es zu diesem Punkt keine weiteren Vorschriften für Journalisten. Die Regeln wurden nun dahingehend geändert, dass der Ermittlungsrichter unverzüglich zu informieren ist, wenn vor der Anwendung der Überwachungsmaßnahmen klar wird, dass (auch) ein Journalist betroffen ist. Auf diese Weise kann der Ermittlungsrichter beurteilen, ob das Abhören fortgesetzt werden kann, und wenn ja, ob dies unter denselben Bedingungen geschehen kann. Darüber hinaus muss ein leitender Beamter dem Einsatz von Überwachungseinrichtungen zustimmen; auch das College van procureurs-generaal (Kollegium der Generalstaatsanwälte), die Leitung der Staatsanwaltschaft, muss vorab informiert werden. Zum anderen können, auch wenn ein Journalist als Dritter nicht Ziel der Überwachungsmaßnahmen ist, Informationen über den Journalisten als Ergebnis dieses Einsatzes in die Fallakte gelangen, die der Verteidigung in Strafverfahren zur Verfügung zu stellen ist. In den Regeln heißt es: „Es ist nicht wünschenswert, dass dadurch offengelegt wird, wie und mit wem ein Journalist in Ausübung seiner Tätigkeit Kontakt hat, ohne dass der betreffende Journalist dies im Voraus weiß“. Wenn sich nun herausstellt, dass Informationen über einen Journalisten als Dritten erlangt wurden, wird der betreffende Journalist benachrichtigt, sobald dies im Interesse der Ermittlung möglich ist. Entscheidend ist nach den Regeln, dass „wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass das Recht des Journalisten auf Quellenschutz in unzulässiger Weise verletzt wurde, die erlangten Daten so schnell wie möglich gelöscht werden“.
Die neuen Vorschriften gelten ab 1. Mai 2024.
Referenzen
- Openbaar Ministerie, Aanwijzing strafvorderlijk optreden met betrekking tot journalisten, 29 April 2024
- https://www.om.nl/actueel/nieuws/2024/04/29/de-aanwijzing-strafvorderlijk-optreden-met-betrekking-tot-journalisten
- Niederländische Staatsanwaltschaft, Anweisung für Strafverfahren in Bezug auf Journalisten, 29. April 2024
Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.