Vereinigtes Königreich

[GB] Ofcom: Fünf GB News-Sendungen verstoßen gegen die Vorschriften zur Unparteilichkeit für den Rundfunk

IRIS 2024-5:1/18

Julian Wilkins

Wordley Partnership and Q Chambers

Die Ofcom hat festgestellt, dass fünf Sendungen des privaten britischen Nachrichtensenders GB News gegen die Unparteilichkeitsvorschriften für den Rundfunk verstoßen. Es handelt sich dabei um zwei Sendungen der Reihe "State of the Nation" von Jacob Rees-Mogg (einem konservativen Abgeordneten des Parlaments des Vereinigten Königreichs), zwei Sendungen der Fernsehserie "Friday Morning" von Esther und Phil und eine Samstagmorgen-Sendung mit Esther und Phil, die zwischen dem 9. Mai und dem 23. Juni 2023 ausgestrahlt worden waren. Diese fünf Sendungen, so die Ofcom, haben gegen die Vorschriften 5.1 und 5.3 des Rundfunkkodex verstoßen. Esther McVey ist ebenfalls eine konservative Unterhausabgeordnete.

Eine der Grundforderungen der Medienaufsichtsbehörde Ofcom in ihrem Rundfunkkodex ist, dass Nachrichten mit der "gebührenden Unparteilichkeit" präsentiert werden müssen, unabhängig von der Form, in der sie präsentiert werden. Außerdem darf ein Politiker in einer Nachrichtensendung nicht als Nachrichtensprecher, Interviewer oder Reporter eingesetzt werden, außer wenn es aus redaktionellen Gründen gerechtfertigt ist.

Vorschrift 5.1 des Rundfunkkodex lautet: "Nachrichten müssen ... stets mit der gebührenden Unparteilichkeit präsentiert werden".

Vorschrift 5.3 präzisiert: "Politiker dürfen nicht als Nachrichtensprecher, Interviewer oder Reporter in einer Nachrichtensendung eingesetzt werden, außer wenn es aus redaktionellen Gründen gerechtfertigt ist. In diesem Fall müssen die Zuschauer über die parteipolitische Zugehörigkeit des Politikers informiert werden". Im Übirgen sei die Forderung nach Unparteilichkeit bereits in Artikel 319 des Kommunikationsgesetzes von 2003 festgeschrieben: "Nachrichten müssen mit der gebührenden Unparteilichkeit präsentiert werden".

Die Ofcom berücksichtigte bei ihrer Untersuchung Faktoren, die für die Charakterisierung einer Sendung als Nachrichtensendung eine Rolle spielen: die Tatsache, dass der Nachrichtensprecher sich direkt an die Zuschauer wendet; eine bestimmte Reihenfolge oder Liste von Beiträgen, häufig in Kurzfassung; den Einsatz von Reportern oder Korrespondenten für Nachrichtenpakete oder Liveberichte; und/oder eine Mischung aus Video- und Reporterausrüstung.

Ein weiterer Punkt, der bei der gesamten Untersuchung eine wichtige Rolle spielte, war die Berücksichtigung des Rechts auf freie Meinungsäußerung nach Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Rundfunksender haben die redaktionelle Freiheit, ihren Zuschauern die Nachrichten in unterschiedlichen Sendeformaten zu präsentieren. So können sie zum Beispiel Politiker einsetzen, die über aktuelle Themen oder andere Themen berichten. Außerdem können Politiker auch in Nachrichtensendungen als Interviewer oder andere Arten von Gästen eingesetzt werden.

Rundfunksender haben auch die Möglichekit, in einzelnen Nachrichtensendungen einen Mix aus Nachrichten und anderen Inhalten anzubieten und zwischen den beiden Genres zu wechseln. Wenn ein Rundfunksender in einer Sendung, die sowohl Nachrichten als auch sonstige aktuelle Themen enthält, Politiker als Moderatoren einsetzt, muss er jedoch dafür sorgen, dass diese nicht als Nachrichtensprecher, Interviewer oder Nachrichtenreporter auftreten.

Die fünf beanstandeten Sendungen enthielten alle einen Mix aus Nachrichten und anderen Berichterstattung über sonstige aktuelle Themen. In allen Sendungen traten die Gäste als Nachrichtensprecher, Interviewer oder Reporter auf, und zwar in Sendungen, die sowohl Nachrichten als auch Breaking News enthielten. Es gab keinen Grund, von der Vorschrift abzuweichen, dass Politiker nicht als Nachrichtensprecher eingesetzt werden dürfen. Daher sei die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass die Nachrichten nicht mit der "gebührenden Unparteilichkeit" präsentiert wurden.

Politiker vertreten normalerweise einen bestimmten poitischen Standpunkt. Die Zuschauer nehmen Äußerungen von Politikern in der Regel als subjektiv und parteilich wahr. Wenn Politiker Nachrichten präsentieren, wie dies bei GB News der Fall war, dann werde dies von den Zuschauern als einseitig und nicht als unparteilich empfunden. Die Medienaufsichtsbehörde war der Auffassung, dass diese Art der Nachrichtenpräsentation die Integrität und Glaubwürdigkeit von Rundfunknachrichten untergräbt. Eine unparteiliche Nachrichtenberichterstattung ist nach Auffassung der Ofcom jedoch von grundlegender Bedeutung in einer demokratischen Gesellschaft. Daher, so die Ofcom, sei es notwendig und verhältnismäßig, diese Praktiken als Verstoß gegen die Vorschriften 5.1 und 5.1 des Rundfunkkodex zu werten.

In seiner Antwort auf die Entscheidung der Ofcom bezweifelte GB News, ob in diesem Fall die Vorschrift 5.3 des Rundfunkkodex anwendbar sei. Der Sender bezog sich auf Äußerungen der Ofcom auf Twitter (jetzt X), in der die Medienaufsichtsbehörde mit Blick auf die Zukunft einräumte, dass die Rundfunkwelt im Wandel begriffen sei, und auf die Ankündigung der Ofcom, sie wolle weitere Untersuchungen durchführen, um herauszufinden, wie Politiker, die Nachrichtensendungen moderieren, von Zuschauern wahrgenommen werden.

Bei einer anderen Folge der Sendung "State of the Nation" von Jacob Rees-Mogg erübrigte sich nach Auffassung der Ofcom eine Prüfung, ob ein Verstoß gegen den Rundfunkkodex vorlag. Diese Sendung sei, so die Ofcom, ein Paradebeispiel für die Ausnahme einer redaktionellen Rechtfertigung gemäß Vorschrift 5.3. In dieser Livesendung war Jacob Rees-Mogg als Augenzeuge während eines unvorhergesehenen Zwischenfalls im Buckingham Palace aufgetreten, gewissermaßen als Reporter vor Ort.

Die Ofcom stellte fest, dass GB News sich vorher noch nie einen Verstoß gegen die Vorschriften 5.1 und 5.3 habe zuschulden kommen lassen. Seit der Aufnahme der Untersuchungen habe es nur eine einzige weitere Sendung gegeben, bei der überlegt wurde, ob eine Prüfung erforderlich war. Allerdings warnte die Ofcom GB News, dass jeder weitere Verstoß gegen die Vorschriften 5.1 und 5.3 Sanktionen nach sich ziehen werde.


Referenzen



Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.