Belgien

[BE] Investition in die Zukunft des audiovisuellen Sektors in Flandern: Investitionsverpflichtungen für Streaming- und Videoplattformen

IRIS 2024-4:1/17

Lien Stolle

Universität Gent

Ende Februar billigte das flämische Parlament einen Vorschlag des flämischen Medienministers Benjamin Dalle für ein Dekret zur Änderung der Vorschriften für Radio und Fernsehen mit dem Ziel, die finanzielle Basis des audiovisuellen Sektors in der Region Flandern zu stärken. So sollen vor allem auch Streaming- und Videoplattformen in die Finanzierung von flämischen audiovisuellen Inhalten einbezogen werden. Dabei geht es vor allem darum, die bestehenden Verpflichtungen so anzupassen, dass sie auch auf Anbieter von Diensten und private Rundfunkveranstalter Anwendung finden, die nicht-lineare Fernsehdienste anbieten. Darüber hinaus sollen die Investitionsverpflichtungen auch auf Anbieter von Videoplattformen ausgedehnt werden. Die Vorschriften sollen für alle Medienplayer gelten, die unter die Zuständigkeit der Flämischen Gemeinschaft fallen oder Dienste im niederländischen Sprachgebiet oder dem zweisprachigen Gebiet Brüssel-Hauptstadt anbieten.

Alle Medienplayer, die in Flandern Einnahmen aus der Verbreitung audiovisueller Inhalte erzielen, so die Absicht, die hinter dem Vorschlag steht, sollen auch einen Beitrag zur Finanzierung lokaler Produktionen leisten. Die flämische Regierung erhofft sich, dass durch die Förderung des Wachstums des lokalen audiovisuellen Sektors auch die Qualität, die Diversität und der Pluralismus der Medienlandschaft gefördert werden. Qualitativ hochwertige lokale Inhalte könnten besser im Wettbewerb mit ausländischen Angeboten bestehen. Der audiovisuelle Sektor in Flandern würde zusätzliche finanzielle Unterstützung erhalten, ein Einnahmenplus, das nach einer Reihe von finanziell sehr schwierigen Jahren mit ständig zurückgehenden Investitionen, abnehmenden Gewinnspannen und einem Rückgang der Qualität flämischer Inhalte dringend gebraucht werde.

Das Dekret baut, wie bereits erwähnt, in erster Linie auf Verpflichtungen auf, die in der Flämischen Gemeinschaft bereits für Diensteanbieter wie Telenet und Proximus und Anbieter von nicht-linearen Diensten wie Netflix und Streamz gelten. Vor allem führt das Dekret eine siginifikante Beitragserhöhung für diese Unternehmen ein. Ein Diensteanbieter (Dienstenverdeler) mit einem oder mehr Rundfunksendern kann zwischen zwei Optionen wählen: einem festen jährlichen Beitrag in Höhe von 7 Millionen EUR oder 3 EUR pro Abonnent im niederländischen Sprachgebiet. Private Fernsehsender, die nicht-lineare Fernsehdienste anbieten (particuliere omroeporganisaties die niet-lineaire televisiediensten aanbieden), können wählen zwischen einem festen Betrag von 7 Millionen EUR oder einem Betrag zwischen 2 und 4% ihres Umsatzes, je nach Höhe des Umsatzes. Außerdem haben sie die Möglichkeit, zwischen einem direkten finanziellen Beitrag zur Produktion audiovisueller Werke und einem finanziellen Beitrag zum Flämischen Audiovisuellen Fonds (Vlaams Audiovisueel Fonds - VAF) in gleicher Höhe zu wählen.

Diese Verpflichtung wird nun auch auf Videoplattformen wie TikTok und YouTube ausgedehnt. Anbieter von Videoplattformen (aanbieders van videoplatformdiensten) müssen nun entweder einen jährlichen festen Betrag von 7 Millionen EUR leisten oder aber einen Beitrag zwischen 2 und 4 % ihres Jahresumsatzes, je nach Höhe des Umsatzes.

Darüber hinaus enthält das Dekret einige weitere Änderungen und Klarstellungen, vor allem in Bezug auf Geldstrafen, die bei Verstößen gegen die Verpflichtungen fällig werden, ferner in Bezug auf die Festsetzung des Umsatzes für die Berechnung des finanziellen Beitrags, die Berichtsverpflichtungen gegenüber dem VAF und die Ausschlusskriterien für die Anwendung von Investitionsverpflichtungen. Das Gesetz wird zum 1. Januar 2025 in Kraft treten.

Der englische Guardian und die belgische Tageszeitung De Standaard haben darüber berichtet, dass gegenüber dem vorgeschlagenen Dekret erhebliche Bedenken bestehen, vor allem auf Seiten der U.S-amerikanischen Interessengruppe Computer & Communications Industry Association (CCIA), dem amerikanischen Botschafter, Meta und YouTube. Amerikanische Unternehmen befürchten eine Verletzung des Herkunftslandprinzips, das in der EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste festgelegt ist. Allerdings hat die EU den flämischen Vorschlag bereits geprüft, und der Belgische Staatsrat hat sein Okay gegeben.

Minister Dalle hat auch seine Absicht geäußert, diese Initiative auf die europäische Agenda zu setzen, um so vielleicht andere Mitgliedstaaten dazu zu ermutigen, ähnliche Verpflichtungen einzuführen.


Referenzen


  • Tekst aangenomen door de plenaire vergadering van het ontwerp van decreet tot wijziging van het decreet van 27 maart 2009 betreffende radio-omroep en televisie,  wat betreft het stimuleren van de audiovisuele sector door financiële bijdragen aan de productie van audiovisuele werken, Parl. St., Vl. Parl., 1933 (2023-2024) – Nr. 7
  • https://docs.vlaamsparlement.be/pfile?id=2039979
  •   Text des Entwurfs für ein Dekret zur Änderung des Dekrets vom 27. März 2009 über Radio und Fernsehen vom Plenum angenommen. Es enthält neue Vorschriften zur Förderung des audiovisuellen Sektors durch einen finanziellen Beitrag zur Produktion audiovisueller Werke , Parl. St., Vl. Parl., 1933 (2023-2024) - Nr. 7


  • D. Deckmyn, "Meta en Youtube bezorgd over plannen van minister Dalle om hen te laten meebetalen aan tv-producties", De Standaard, 2024
  • https://www.standaard.be/cnt/dmf20240123_96426573
  • D. Deckmyn, "Meta and Youtube worried about plans by minister Dalle to make them co-pay for TV productions", De Standaard, 2024

Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.