Italien

[IT] Italien verabschiedet ein Gesetzesdekret zur Änderung des italienischen Gesetzes über audiovisuelle Mediendienste im Anschluss an die Stellungnahmen des Staatsrats und der Ad-hoc-Ausschüsse der Abgeordnetenkammer

IRIS 2024-4:1/18

Eugenio Foco

Anwaltskanzlei Portolano Cavallo

Die italienische Regierung hat vor kurzem ein Gesetzesdekret verabschiedet, mit dem die Bestimmungen des Legislativdekrets Nr. 208 vom 8. November 2021 ("AVMD-Gesetz") geändert werden sollen. Das betreffende Gesetzesdekret ist noch nicht im italienischen Amtsblatt veröffentlicht worden, daher konzentriert sich dieser Artikel auf die Stellungnahme des italienischen Staatsrats zu den vorgeschlagenen Änderungen.

Am 19. Dezember 2023 hat die italienische Regierung den Entwurf für ein Gesetzesdekret ("Berichtigungsdekret") verabschiedet. Dieses Dekret soll einige der Bestimmungen desAVMD-Gesetzes ergänzen und berichtigen. Der Entwurf wurde zur Beratung an die zuständigen Ausschüsse des Abgeordnetenhauses überwiesen und vom Ministerium für Unternehmen und Made in Italy (Ministero delle imprese e del Made in Italy - MIMIT) der Beratenden Abteilung des Staatsrates (Consiglio di Stato) für Regulierungsgesetze zur Stellungnahme vorgelegt. Der Staatsrat hat seine Stellungnahme am 27. Februar 2024 vorgelegt. Das Dokument enthält einige interessante Gesichtspunkte, vor allem, was die Bestimmungen über die Verpflichtungen zu Investitionen in europäische Werke und in original italienischsprachige Werke betrifft.

Der Staatsrat stellt in seiner Stellungnahme einleitend fest, dass das Ziel einer Vereinfachung und klareren Formulierung der Vorschriften "ohne jeden Zweifel erreicht" wurde. Mit dem "Berichtigungsdekret" seien in der Tat die allzu starren Vorschriften für das italienische System der Subquoten abgemildert worden. So wurden unter anderem (i) die Regulierungsbefugnisse des MIMIT und des Kulturministeriums (MIC) im Rahmen des Gesetzes über die audiovisuellen Mediendienste abgeschafft (diese Befugnisse hatten es den beiden Ministerien ermöglicht, die Prozentsätze der Subquoten zu ändern und neue Subquoten einzuführen) und (ii) feste Investitionsquoten eingeführt.

Der Staatsrat stellte aber auch fest, dass die neuen Bestimmungen, die mit dem "Berichtigungsdekret" eingeführt werden sollen, auf der einen Seite zwar zu einer Vereinfachung und Rationalisierung der Investitionsverpflichtungen geführt haben. Auf der anderen Seite sei jedoch keine ausreichende Folgenabschätzung eingeführt worden. So habe die Regierung es vor allem versäumt, die Verhältnismäßigkeit der Investitionsverpflichtungen für Anbieter von Abrufdiensten zu überprüfen.

Das Berichtigungsdekret  führt für Anbieter von On-Demand-Diensten eine Investitionsquote von 20% in europäische Werke ein (ab 2024, wie im AVMD-Gesetz vorgesehen). Der Staatsrat kritisierte jedoch, dass aus den Unterlagen, die vorgelegt wurden, nicht hervorgeht, ob die Verhältnismäßigkeit einer solchen Verpflichtung auch entsprechend geprüft wurde, das heißt, ob diese Verpflichtung auch dem Ziel gerecht wird, Marktanreize zu schaffen und gleichzeitig den Schutz europäischer Werke sicherzustellen.

Außerdem berücksichtige eine solche Maßnahme nicht die Stellungnahme der italienischen Medienregulierungsbehörde (Autorità per le Garanzie nelle Comunicazioni - AGCOM). Die AGCOM habe genau das Gegenteil vorgeschlagen, nämlich die Investitionsverpflichtungen für Anbieter von Abrufdiensten nicht zu erhöhen, sondern zu senken, zumal die Investitionsverpflichtungen in anderen EU-Mitgliedstaaten wesentlich niedriger seien.

Neben der Quote für europäische Werke führt das Berichtigungsdekret außerdem eine Subquote von 60% (d.h., von den 20% für europäische Werke) für original italienischsprachige Werke ein. Der Staatsrat kritisierte, es wäre "nützlich, die Folgenabschätzung der Regulierung mit einer Bewertung der Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme anhand der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, C-222/07) zu verbinden. Der Gerichtshof hält Bestimmungen zum Schutz der sprachlichen Vielfalt für mit EU-Recht vereinbar und rechtfertigt so eine Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit, soweit die Maßnahmen nicht unverhältnismäßig sind". 

Der Staatsrat forderte die Regierung auf, die Folgenabschätzung der neuen Bestimmungen zu ergänzen, um die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu bewerten, die mit dem Berichtigungsdekret eingeführt werden.

Die Abgeordnetenkammer hat vorgeschlagen, die Quote für europäische Werke von 20% auf 16% zu reduzieren, gleichzeitig aber die Subquoten für orginal italienischsprachige Werke von 50% auf 70% zu erhöhen.

Ob die italienische Regierung die oben genannten Stellungnahmen konkret berücksichtigt hat, wird nach der Veröffentlichung des Berichtigungsdekrets im italienischen Amtsblatt zu prüfen sein.

 


Referenzen


Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.