Vereinigtes Königreich

[GB ] Neue kommunikationsbezogene Straftatbestände des Gesetzes über Online-Sicherheit 2023 in Kraft

IRIS 2024-4:1/24

Alexandros K. Antoniou

Universität Essex

Mit dem Online Safety Act 2023 (Gesetz über Online-Sicherheit – OSA) wurde eine Reihe von Maßnahmen eingeführt, welche die Online-Sicherheit im Vereinigten Königreich verbessern sollen, darunter Verpflichtungen für Internet-Plattformen, Systeme und Verfahren für den Umgang mit illegalen und schädlichen Inhalten auf ihren Websites einzurichten. Am 31. Januar 2024 ist Teil 10 des Gesetzes in Kraft getreten, der eine Reihe neuer Straftatbestände enthält, die einen bedeutenden Fortschritt bei der Bewältigung komplexer Herausforderungen im Zusammenhang mit der Sicherheit der Online-Kommunikation darstellen.

Absatz 179 des OSA legt den Straftatbestand des Sendens von Falschmitteilungen fest und richtet sich unter anderem gegen Internet-Trolle. Es gilt nunmehr als Straftat, wenn eine Person (a) bewusst eine falsche Informationen enthaltende Nachricht sendet; (b) zum Zeitpunkt des Sendens beabsichtigt, einer voraussichtlichen Zielgruppe nicht unerheblichen psychischen oder physischen Schaden zuzufügen; und (c) es ihr an einer angemessenen Rechtfertigung für das Senden der Nachricht mangelt. Anerkannte Nachrichten-Herausgeber und Rundfunkveranstalter sind von dieser Regelung ausgenommen. Auf öffentliche Vorführungen von Kinofilmen findet der Straftatbestand ebenfalls keine Anwendung. Die Straftat kann auch von Personen außerhalb des Vereinigten Königreichs begangen werden, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in England, Wales oder Nordirland haben. Die Sanktionen umfassen Freiheitsstrafen von bis zu sechs Monaten, eine Geldbuße oder beides. Man erhofft sich, dass der neue Straftatbestand zu einem härteren Durchgreifen gegen Desinformation und Wahlbeeinflussung im Internet beiträgt.

Durch Absatz 181 wird der Straftatbestand des Sendens von Drohmitteilungen eingeführt. Diese Straftat wird begangen, wenn eine Person – mit der Absicht, dem Empfänger Furcht einzuflößen, dass die Drohung (sei es durch den Absender oder jemand anderen) in die Tat umgesetzt wird – eine Nachricht sendet, die eine Drohung mit dem Tod, einem schwerem Schaden (z. B. Körperverletzung, Vergewaltigung, Angriff durch Penetration) oder einem gravierenden finanziellen Verlust enthält. In Fällen von Drohungen mit finanziellem Verlust ist eine Verteidigung möglich, wenn die Drohung zur Untermauerung einer begründeten Forderung verwendet wurde und der Absender berechtigterweise überzeugt war, dass sie ein geeignetes Mittel zur Bekräftigung dieser Forderung war. Dieser Straftatbestand findet Anwendung auf Personen, die ihren Wohnsitz in England, Wales oder Nordirland haben, auch wenn sich der Absender außerhalb des Vereinigten Königreichs befindet. Die Sanktionen umfassen Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren, eine Geldbuße oder beides. Im März 2024 erreichten die Strafverfolgungsbehörden von Essex einen bedeutenden Meilenstein, indem sie eine der ersten Verurteilungen gemäß dem neuen OSA erwirkten, die eine achtmonatige Gefängnisstrafe für Karn Statham zur Folge hatte. Statham hatte eine Frau belästigt, indem er ihr Drohbotschaften schickte und wiederholt ihre Adresse aufsuchte, nachdem er angewiesen worden war, den Kontakt einzustellen.

Ein neuer Straftatbestand gemäß Absatz 183, der als „Zachs Gesetz“ bezeichnet wird, zielt darauf ab, Menschen vor „Epilepsie-Trolling“ zu schützen. Die Kampagne gegen derartiges Verhalten begann, als der achtjährige Zach, der an Epilepsie leidet, Spenden für die Epilepsiegesellschaft sammelte. Trolle überfluteten den Internetauftritt der Gesellschaft mit Bildern und GIFs, die bei Leuten mit Epilepsie Anfälle auslösen sollten. Während Zach unverletzt blieb, berichteten andere Erkrankte über Anfälle, nachdem sie die Spendenaktion online verfolgt hatten. Das Gesetz schafft einen Straftatbestand, der darin besteht, dass eine Person mit der Absicht, Schaden anzurichten, der als das Auslösen eines Anfalls, von Angst oder Leid definiert ist, vorsätzlich flackernde Bilder an Personen mit Epilepsie sendet oder sie ihnen zeigt. Bevor es zu einer Verurteilung kommt, müssen bestimmte (im Gesetz festgelegte) Voraussetzungen erfüllt sein, sowohl in Bezug auf das Senden als auch das Zeigen von flackernden Bildern auf elektronischem Weg. Auf anerkannte Nachrichten-Herausgeber, Rundfunkveranstalter, öffentliche Vorführungen von Kinofilmen sowie Angehörige der Gesundheitsberufe findet der Straftatbestand keine Anwendung (der gleichfalls auch von Personen außerhalb des Vereinigten Königreichs begangen werden kann, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in England, Wales oder Nordirland haben). Die Sanktionen umfassen Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren, eine Geldbuße oder beides.

Darüber hinaus verbietet Absatz 184 die Anstiftung oder Beihilfe zu schwerer Selbstbeschädigung. Um sich dieser Straftat schuldig zu machen, muss eine Person eine Handlung ausführen, die darauf abzielt, eine andere Person zu einer schweren Selbstbeschädigung zu ermutigen oder sie dabei zu unterstützen, sei es durch direkte Kommunikation, eine Veröffentlichung oder das Senden (oder Verschenken) von Gegenständen mit gespeicherten elektronischen Daten. Schwere Selbstbeschädigung umfasst Handlungen, die zu einer schweren Körperverletzung führen, einschließlich Unterlassungen wie die Ermutigung einer Person, ihre Gesundheitsvorsorge zu vernachlässigen. Die Identität der geschädigten Person muss dem Täter nicht bekannt sein. Die Straftat kann unabhängig davon vorliegen, ob die Selbstbeschädigung ausgeführt wird, und es ist unerheblich, wer den betreffenden Inhalt erstellt hat (entscheidend ist das Senden). Die Straftat ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren, einer Geldbuße oder beidem bewehrt und der Straftatbestand findet ebenfalls Anwendung auf Personen, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in England, Wales oder Nordirland haben, selbst wenn sie sich außerhalb des Vereinigten Königreichs befinden.

Auch bei Cyberflashing auf Dating-Apps, AirDrop und anderen Plattformen müssen die Täter mit bis zu zwei Jahren Gefängnis rechnen. Durch Absatz 187 wird ein neuer Straftatbestand gemäß dem Sexual Offences Act 2003 (Gesetz über Sexualstraftaten – SOA) eingeführt, der das Senden von Fotos oder Filmen der Genitalien einer Person an eine andere Person betrifft. Eine Person (A) begeht die Straftat, wenn sie einer anderen Person (B) vorsätzlich ein Foto oder Video der Genitalien einer anderen Person sendet oder zur Verfügung stellt, und zwar unter folgenden Bedingungen: Entweder beabsichtigt A, dass B die Genitalien sieht und sich dadurch beunruhigt, bedrängt oder gedemütigt fühlt; oder A sendet oder stellt derartiges Material mit dem Ziel der sexuellen Befriedigung bereit und ist leichtfertig in Bezug darauf, ob B sich dadurch beunruhigt, bedrängt oder gedemütigt fühlt. „Senden“ umfasst das Versenden durch jegliche Mittel, darunter elektronische Verfahren, das Zeigen oder die Platzierung zur Auffindung durch eine andere Person. Eine Verurteilung wegen dieser Straftat kann auch zu einer Eintragung in das Register für Sexualstraftäter führen. Im Februar 2024 erwirkte ein Team der Polizei von Essex die erste Verurteilung im Vereinigten Königreich wegen Cyberflashing: Nicholas Hawkes bekannte sich schuldig, über WhatsApp explizite Bilder versendet zu haben, um Leid zu verursachen. Am 19. März 2024 wurde Hawkes zu 66 Wochen Gefängnis verurteilt. Außerdem muss er eine zehn Jahre geltende Unterlassungsanordnung sowie eine für 15 Jahre geltende Anordnung zur Verhütung von sexuellem Schaden befolgen.

Schließlich werden durch den OSA die Rechtsvorschriften aufgehoben, die ursprünglich zur Bekämpfung von Straftaten im Zusammenhang mit „Rachepornos“ (Absätze 33–35 des Criminal Justice and Courts Act 2015 [Strafjustiz- und Gerichtsgesetz 2015]) eingeführt wurden, und das Gesetz sieht stattdessen eine Reihe von Straftatbeständen im Zusammenhang mit dem Austausch intimer Bilder vor. Besonders durch Absatz 188 des OSA wird ein neuer Grundstraftatbestand des Austauschs intimer Bilder ohne Einwilligung geschaffen, der mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten geahndet wird. Dieser liegt vor, wenn eine Person vorsätzlich ein Bild teilt, das eine andere Person in einem intimen Kontext darstellt, ohne dass diese ihre Einwilligung gegeben hat und ohne begründete Vermutung, dass diese einwilligt. Überdies werden zwei schwerere Straftatbestände festgeschrieben, die beide die höhere Schuld des Täters widerspiegeln und mit höheren Strafen belegt sind: nämlich (a) die vorsätzliche Auslösung von Angst, Leid oder einer Demütigung bei der Person auf dem Bild; und (b) das Streben nach sexueller Befriedigung durch die Handlung (diese werden in den Absätzen 66B(2) und (3) des SOA 2003 behandelt). Auch die Androhung der Weitergabe eines intimen Bildes einer Person, wobei der Täter entweder beabsichtigt, die Befürchtung auszulösen, dass die Drohung in die Tat umgesetzt wird, oder dabei leichtfertig handelt (dies ist in Absatz 66B(4) des oben genannten Gesetzes von 2003 zu finden), wurde zur Straftat erklärt. Die neuen Straftaten fallen außerdem unter die Meldepflicht für Sexualstraftäter. Mit diesen neuen Straftatbeständen im Zusammenhang mit intimen Bildern soll auch gegen „Deepfakes“ und „Downblousing“ vorgegangen werden (d. h. die Aufnahme von Bildern, die typischerweise aus einem Abwärtswinkel den Brustbereich einer Person zeigen, häufig ohne ihr Wissen oder ihre Einwilligung). Es sind auch verschiedene (in Absatz 66C des SOA 2003 dargelegte) Ausnahmen vorgesehen, z. B. wenn auf dem Foto oder in dem Film ein Kind zu sehen ist und es sich um ein Bild handelt, das üblicherweise im Familien- oder Freundeskreis verbreitet wird.

Es gibt zwar einige Überschneidungen mit bestehenden Straftatbeständen, doch durch die neuen Straftatbestände werden die bisherigen konsolidiert oder Lücken geschlossen. Beispielsweise wird durch den Straftatbestand des Austauschs intimer Bilder der Inhalt von Fotos und Filmen von „privat-sexuell“ auf „intim“ ausgeweitet und die Strafverfolgung derjenigen erleichtert, die des Online-Austauschs derartiger Inhalte ohne die Einwilligung der anderen Person überführt wurden, da die Anforderung des beabsichtigten Schadens für die auf dem Foto oder im Film dargestellte Person aufgehoben wird. Der aktualisierte Leitfaden des Crown Prosecution Service (Strafverfolgungsdienst der Krone – CPS) soll die angemessene Anklage für jeden Fall beschreiben. Es wird erwartet, dass die Einführung der neuen Straftatbestände den Schutz vor Online-Fehlverhalten verstärkt.


Referenzen






Dieser Artikel wurde in IRIS Rechtliche Rundschau der Europäischen Audiovisuellen Informationsstelle veröffentlicht.